Gespart wird wieder beim Bürger, nicht beim Staat!
"Die große Reform der Budgetsanierung ist ausgeblieben, es bleibt alles beim Alten. Zugegriffen wird wieder bei den Beschäftigten", sagt Zangerl.
In oft gefärbten Studien wird auf die Vorteile des Pensionssystems in Ländern wie Schweden, Dänemark oder den Niederlanden hingewiesen. Doch wie gut ist das System dort wirklich? Experten der AK haben den Vergleich gezogen und sind auf interessante Ergebnisse gestoßen.
Eine im Herbst 2024 veröffentlichte Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts Eco-Austria enthält reichlich Sprengstoff: Sie preist die Vorteile von Pensionssystemen anderer Länder an – vor allem die Niederlande, Dänemark und Schweden werden hier als Vorbilder für Österreich genannt.
Der Grund: Diese Länder sollen laut Studie führend sein, da sie eine starke zweite Säule der Kapitaldeckung entwickelt haben. Übersetzt heißt dies, dass hier riesige Pensionsfonds die Alterssicherung wesentlich mitorganisieren. Und während das österreichische Umlagesystem mit steigenden Ausgaben und sinkenden Leistungen konfrontiert sei, fließe in diesen Ländern quasi der Honig bei den Pensionen.
Doch stimmt es wirklich, dass Länder, die ihre Pensionen am Kapitalmarkt finanzieren, bessere Leistungen hervorbringen?
Wenig überraschend wurde die oben genannte Studie von der Erste Bank Stiftung sowie der Vienna Insurance Group in Auftrag gegeben und wenig überraschend ist da, wo viel Licht zu sein scheint, auch viel Schatten.
Für ihre Pensionsleistungen zahlen die Versicherten in Schweden, den Niederlanden und Dänemark nämlich einen hohen Preis.
Beginnen wir beim Pensionsantrittsalter.
ÖSTERREICH
Das Regelpensionsalter in Österreich liegt für Männer bei 65 Jahren und ist für Frauen im Steigen begriffen. Für ab 1.7.1968 Geborene beträgt es ebenfalls 65 Jahre. Das effektive Pensionsalter liegt bei Männern derzeit bei 63 Jahren, bei Frauen bei 61,4 und soll für alle auf 63,6 Jahre ansteigen.
NIEDERLANDE
Das Regelpensionsalter liegt für alle bei 67 Jahren. Ein Pensionsautomatismus lässt das Pensionsalter bis 2070 auf 69 Jahre ansteigen, auf Basis der zu erwartenden Lebenserwartung.
DÄNEMARK
Das aktuelle Regelpensionsalter liegt für alle bei 67 Jahren.
Für Jahrgänge
ab 1970 steigt es auf 70,
ab 1978 auf 71,5,
ab 1987 auf 73 und für Jahrgänge ab 1996 auf 74 (!) Jahre.
Aktuell erfolgt der durchschnittliche Pensionsantritt mit 65,3 Jahren und soll auf 69 Jahre gesteigert werden.
SCHWEDEN
Das Regelpensionsalter liegt hier derzeit bei 66 Jahren und steigt schrittweise auf 70 an. Das effektive Pensionsalter liegt bei Männern und Frauen derzeit bei 64,5 Jahren und soll auf 66,7 ansteigen. Ein flexibler Pensionszugang ermöglicht ein Weiterarbeiten trotz Pension (ab 63, schrittweise ansteigend auf 67) und den Bezug einer Teilpension im Ausmaß von 25,5 und 75 Prozent.
ÖSTERREICH
Die Ausgaben für das öffentliche Pensionssystem (inkl. Ausgaben für Ausgleichszulage und Rehabilitationsgeld) in Österreich betragen 13,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Die Pensionsversicherungsbeiträge belaufen sich auf 9,8 % des BIP und bleiben stabil. Die Bundesmittel betragen derzeit 3,6 %, erreichen 2023 einen Höhepunkt von 4,8 % und sinken bis 2050 auf 3,8 %.
NIEDERLANDE
Die Ausgaben für das öffentliche System betragen 7,3 % des BIP und für das kapitalgedeckte System 5,3 % des BIP, in Summe 12,6 %. In Summe zahlen Dienstnehmer und Dienstgeber hier 10,6 % des BIP an Beiträgen für das öffentliche und private Pensionssystem, im Vergleich zu 8,8 % in Österreich.
DÄNEMARK
Die Ausgaben für das öffentliche System betragen ca. 9 % des BIP und für das kapitalgedeckte System 4 %, in Summe 13 %. Die Beiträge belaufen sich auf 6 % des BIP für die privaten Systeme und 9 % für das öffentliche, in Summe 15 % des BIP.
SCHWEDEN
Die Ausgaben für das öffentliche System betragen 7,4 % des BIP und für das kapitalgedeckte System 2,3 %, in Summe 9,7 %. Die Beiträge betragen ca. 9 % des BIP.
Die OECD vergleicht die Leistungsniveaus der Pensionssysteme mit standardisierten Erwerbsverläufen. Die Annahme ist, dass vom 22. Lebensjahr bis zum Regelpensionsalter des jeweiligen Landes durchgehend ein bestimmtes Erwerbseinkommen erzielt wird. Die Leistungsniveaus untergliedern sich in Niedrigverdiener:innen (= ½ des Durchschnittseinkommens), Durchschnittsverdiener:innen und Gutverdiener:innen (= doppeltes Durchschnittseinkommen). Mit der Einkommensersatzrate wird angegeben, wie hoch die Pension gemessen an dem vor der Pension erzielten Einkommen ist.
ÖSTERREICH
In Österreich erhält eine „Standard“-Person, die vom 22. bis zum 65. Lebensjahr erwerbstätig ist, als Niedrigverdiener:in 74,1 Prozent, als Durchschnittsverdiener:in ebenfalls 74,1 Prozent und als Gutverdiener:in 55,9 Prozent als Bruttoersatzrate.
NIEDERLANDE
Die staatliche Pension („Erste Säule“) erhält jede:r Einwohner:in ab dem Regelpensionsalter. Sie ist abhängig von der Aufenthaltsdauer. Die volle Pension gebührt nach 50 Jahren Aufenthalt in den Niederlanden bzw. Erwerbstätigkeit etc. 80 Prozent der Pensionsbezieher:innen der Ersten Säule erhalten eine Ergänzung zu ihrer Pension aus einem Pensionsfonds („Zweite Säule“), einem auf Sozialpartnerebene verhandelten, verpflichtenden System.
Eine „Standard“-Person, die vom 22. bis zum 70. Lebensjahr 48 Jahre erwerbstätig ist, erhält als Niedrigverdiener:in 87,3 Prozent als Bruttoersatzrate, als Durchschnittsverdiener:in 74,7 Prozent und als Gutverdiener:in 68,4 Prozent.
DÄNEMARK
Die staatliche Pension erhält jede:r Einwohner:in ab dem Regelpensionsalter. Sie ist abhängig von der Aufenthaltsdauer. Die volle Pension gebührt bei einer Aufenthaltsdauerdeckung von 9/10 der Zeitspanne vom 15. Lebensjahr bis zum Regelpensionsalter. Die Ersatzrate aus dem öffentlichen System beträgt aktuell rund 30 Prozent und soll auf 25 Prozent sinken. Im privaten System sind nur 80 Prozent der Bevölkerung abgedeckt.
Eine Standardperson, die vom 22. bis zum 74. Lebensjahr 52 Jahre erwerbstätig ist, erhält als Niedrigverdiener:in 116,6 Prozent als Bruttoersatzrate, als Durchschnittsverdiener:in 73,1 Prozent und als Gutverdiener:in 53,1 Prozent.
SCHWEDEN
Eine Standardperson, die vom 22. bis zum 70. Lebensjahr 48 Jahre erwerbstätig ist, erhält als Niedrigverdiener:in 62,3 Prozent als Bruttoersatzrate, als Durchschnittsverdiener:in 62,3 Prozent und als Gutverdiener:in 76,4 Prozent.
Ein Pensionsaufschub von 65 auf 67 bedeutet in Schweden z. B. für eine 1958 geborene Person eine Erhöhung der Leistung um 6,9 Prozent (weiters kommen die neuen Beiträge hinzu). In Österreich beträgt der Bonus für einen Aufschub um 2 Jahre 10,2 Prozent.
Insgesamt erweisen sich die scheinbar effizienten Systeme mit hoher Kapitaldeckung als äußerst ineffizient. Mit enormem Mittel-einsatz werden zwar gute Pensionen finanziert, aber nur für eine kurze Bezugsdauer und nur für einen Teil der Erwerbstätigen. Einer der Gründe für die Ineffizienz dieser Pensionssysteme liegt in den enorm hohen Verwaltungskosten der Kapitaldeckung. So zeigt eine Analyse der Hans Böckler Stiftung für den niederländischen Pensionsfonds Verwaltungs- und Investitionskosten im Jahr 2020 in einer Größenordnung von 23 Prozent der einbezahlten Beiträge bzw. fast 30 Prozent der ausbezahlten Renten. Im österreichischen Pensionssystem betragen die Verwaltungskosten hingegen nur 1,3 Prozent. Das bedeutet: 98,7 Prozent der Beiträge fließen in Leistungen für die Versicherten.
Bei genauer Analyse zeigt der Vergleich mit Schweden, Dänemark und den Niederlanden die Vorteile des österreichischen Pensionssystems. Österreich bietet auch für junge Menschen ein gutes Pensionsniveau kombiniert mit einem Regelpensionsalter von 65 Jahren. Österreich besteht den internationalen Vergleich auch trotz einer großzügigen Hinterbliebenenversorgung.
Vor allem ist das österreichische Pensionssystem höchst effizient, fast 100 Prozent der Beiträge fließen direkt in Leistungen. Das ist wohl der größte Strukturvorteil zu den Vergleichsländern Schweden, Niederlande und Dänemark, in denen riesige börsenabhängige Pensionsfonds mit enormen Verwaltungs-, Vertriebs- und Managementkosten die Alterssicherung mitorganisieren. Zudem müssen – bei Einberechnung der Pensionskassenbeiträge – in diesen Ländern höhere Abgaben als in Österreich geleistet werden. Zusammenfassend bieten die Pensionssysteme in Schweden, den Niederlanden und Dänemark trotz höherer Beiträge nur einen späteren Pensionsantritt ohne wirklich bessere Leistungen.
Dem Beitrag zugrunde liegt eine Untersuchung von Wolfgang Panhölzl, Leiter der Abteilung Sozialversicherung der AK Wien.
Österreich im Vergleich mit Schweden, Dänemark und den Niederlanden:
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