Freier Dienstvertrag
Sozialversicherungsbeiträge, Steuern, Abfertigung und vieles mehr – Expert:innen der AK beantworten die häufigsten Fragen zum freien Dienstvertrag.
Verpflichtet sich jemand zu einer Arbeitsleistung für einen anderen, liegt ein Arbeitsvertrag vor. Er ist zweiseitig verbindlich, da beide Vertragspartner:innen (Arbeitgeber:innen & Arbeitnehmer:innen) sowohl Rechte als auch Pflichten haben.
Der Arbeitsvertrag regelt die Rechte und Pflichten von Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen, soweit sie durch Gesetz, Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung nicht zwingend festgelegt sind. Die Hauptpflicht des/der Arbeitgeber:in besteht in der Bezahlung des Entgelts, die des/der Arbeitnehmer:in besteht in der Arbeitsleistung.
Schenken Sie daher dem Inhalt Ihres Arbeitsvertrages (Dienstzettels) höchste Aufmerksamkeit. Dieser hat Auswirkungen auf Ihr gesamtes Arbeitsleben im Betrieb - und möglicherweise sogar darüber hinaus. Sowohl der schriftliche Arbeitsvertrag als auch der Dienstzettel sind gebührenfrei.
Der Abschluss des Arbeitsvertrages ist normalerweise an keine Formvorschrift gebunden. Aus diesem Grunde kann er nicht nur schriftlich, sondern auch mündlich oder sogar durch eine „schlüssige Handlung” zustande kommen. Letzteres zum Beispiel einfach dadurch, dass jemand Arbeitsleistungen für einen anderen erbringt und dieser die Leistungen annimmt. Gibt es jedoch keinen schriftlichen Arbeitsvertrag, dann muss der/die Arbeitgeber:in dem/der Arbeitnehmer:in einen Dienstzettel aushändigen.
Achtung
Damit ein Arbeitsverhältnis vorliegt, müssen nicht alle genannten Merkmale vorliegen. Sie müssen aber überwiegen.
Grundsätzlich gelten mündliche Vereinbarungen genauso wie schriftliche. Der Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages vor Beginn des Arbeitsverhältnisses ist jedoch aus Gründen der Rechtssicherheit unbedingt zu empfehlen.
Beispiel
Beim Einstellungsgespräch bekam Frau S. eine jährliche Prämie von 100 Euro zugesagt. Später erinnerte sich der Chef nicht mehr daran. Vor Gericht hätte sie mit großer Wahrscheinlichkeit keine Chance, ihren Anspruch durchzusetzen, weil selbst die Chefsekretärin als Zeugin das Gespräch nur mehr vage wiedergeben kann. Frau S. muss sich also damit abfinden, das Geld verloren zu haben.
Ein Dienstzettel ist die schriftliche Aufzeichnung über die wesentlichen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag. Da Arbeitnehmer:innen keinen Anspruch auf Ausstellung eines schriftlichen Arbeitsvertrages haben, ist das Recht auf Ausstellung eines Dienstzettels besonders wichtig. Sie haben ein Wahlrecht, den Dienstzettel ausgehändigt oder in elektronischer Form von dem Arbeitgeber übermittelt zu bekommen.
Bei Übermittlung in elektronischer Form muss jedoch sichergestellt sein, dass die Informationen für Sie zugänglich sind, gespeichert und ausgedruckt werden können und der/die Arbeitgeber:in einen Übermittlungs- oder Empfangsnachweis erhält.
Der Mindestinhalt eines Dienstzettels ist gesetzlich vorgeschrieben. Auch ist der/die Arbeitgeber:in per Gesetz zur Ausstellung eines Dienstzettels verpflichtet. Der Dienstzettel dient der Beweissicherung.
Stellt Ihr/e Dienstgeber:in keinen Dienstzettel aus, fordern Sie ihn unter Fristsetzung mittels eingeschriebenen Briefes dazu auf. Verweigert er die Ausstellung, können Sie diese mittels Klage beim Arbeits- und Sozialgericht durchsetzen. Darüber hinaus können Sie eine Anzeige bei der Bezirksverwaltungsbehörde (Magistrat) erstatten (§ 7a AVRAG, Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz).
Sie dürfen wegen der Geltendmachung Ihres Rechts auf einen Dienstzettel , vom Arbeitgeber weder gekündigt noch entlassen oder auf andere Weise benachteiligt werden.
Achtung!
Wurde die Kündigung ausgesprochen, weil Sie die Ausstellung eines Dienstzettels verlangt haben, können Sie die Kündigung bei Gericht anfechten.
Achtung
Die Anfechtungsfristen sind sehr kurz! Wenden Sie sich daher bitte sofort an Ihre Arbeiterkammer oder Ihre Gewerkschaft, wenn Sie die Kündigung bekämpfen möchten.
Gewinnen Sie den Prozess, gilt Ihr Arbeitsverhältnis als ununterbrochen. Das bedeutet, Sie dürfen, müssen aber auch weiterarbeiten.
Sie können vom Arbeitgeber bzw. von der Arbeitgeberin binnen fünf Kalendertagen ab dem Zugang der Kündigung eine schriftliche Begründung verlangen (ein Pauschalverweis auf "betriebliche" oder "personenbezogene" Gründe reicht unserer Meinung nach hier nicht). Der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin muss die schriftliche Begründung binnen fünf Kalendertagen ab dem Zugang des Verlangens ausstellen.
Vorsicht bei Abweichungen!
Achten Sie darauf, dass der Dienstzettel nicht von der mündlichen Vereinbarung abweicht. Enthält Ihr Dienstzettel Regelungen, die vom mündlich vereinbarten Arbeitsvertrag abweichen (z.B. niedrigeres Entgelt), weisen Sie den/die Arbeitgeber:in mittels eingeschriebenen Briefes darauf hin und ersuchen Sie ihn um Richtigstellung. So entsteht nicht der Eindruck, Sie akzeptieren die Abweichung.
Jede vereinbarte Änderung, die sich auf den gesetzlich vorgesehenen Inhalt des Dienstzettels bezieht, muss Ihnen der/die Dienstgeber:in unverzüglich, spätestens am Tag ihres Wirksamwerdens, auch schriftlich mitteilen.
Ausgenommen davon sind Änderungen, die sich durch neue gesetzliche oder kollektivvertragliche Bestimmungen ergeben.
Einzelvertragliche Vereinbarungen können nur im beiderseitigen Einverständnis geändert werden. "Einzelvertraglich" heißt, dass Sie mit dem/der Arbeitgeber:in etwas ausgemacht haben, das über die gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Bestimmungen bzw. solchen in eventuell vorhandenen Betriebsvereinbarungen hinausgeht (z.B. an welchen Tagen Sie wie viele Stunden arbeiten). Nimmt der/die Dienstgeber:in trotzdem einseitig Änderungen vor, sollten Sie unverzüglich schriftlich widersprechen.
Das arbeitsrechtliche Team der AK Tirol ist für Sie da!
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