Frau macht sich Notizen
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4.7.2022

Gut zu wissen: Was ist eigentlich ein Kollektivvertrag?

Kollektivverträge sind im österreichischen Arbeitsrecht ein wichtiges und zentrales Element der Gestaltung der Arbeitsbeziehungen, ja sogar der Sozial- und Wirtschaftspolitik.

Kollektivverträge gibt es in Österreich schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts, in der heutigen rechtlichen Form immerhin seit 1920. Kerngedanke hierbei ist, dass der Staat die Entgelt- und Arbeitsbedingungen nicht in den oft branchenspezifischen Details selber regeln, aber auch nicht einem freien Markt und somit einem wirtschaftlichen Ungleichgewicht der Kräfte überlassen soll.

Das Arbeitsverfassungsgesetz bietet den gesetzlichen Rahmen, in dem Interessenvertretungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Verträge abschließen dürfen, die nicht nur Wirkung zwischen den beiden Vertragsparteien, sondern Normwirkung in ihrem Geltungsbereich entfalten: Kollektivverträge schaffen verbindliches Recht für die vom Geltungsbereich umfassten Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

In erster Linie enthalten Kollektivverträge Regelungen zu Mindestlöhnen und Mindestgehältern, aber auch zu wesentlichen Ansprüchen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld, zu Kündigungsbestimmungen, Arbeitszeitfragen, Zulagen, Diäten und vieles mehr. Auch die Möglichkeit von Besserstellungen hinsichtlich des Urlaubsanspruchs (frühere Erreichbarkeit der 6. Urlaubswoche) kann in Kollektivverträgen geregelt werden.

Berechtigt zum Abschluss von Kollektivverträgen sind die gesetzlichen Interessenvertretungen wie Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer sowie die mit Kollektivvertragsfähigkeit ausgestatteten freiwilligen Berufsvereinigungen, wobei der freiwilligen Berufsvereinigung der Arbeitnehmer (ÖGB) eine gesetzliche Vorrangregelung zukommt und somit auf Arbeitnehmerseite Kollektivverträge durch den ÖGB abgeschlossen werden.

Wichtig: Kollektivverträge gelten nicht nur für jene Arbeitnehmer, die ihrer freiwilligen Interessenvertretung angehören, sondern für alle – man nennt das „Außenseiterwirkung“.

Aber: Je weniger Arbeitnehmer dieser freiwilligen Interessenvertretung angehören, desto weniger Verhandlungsmacht kann diese Interessenvertretung in den Verhandlungen in die Waagschale werfen!

Zum Entstehen des Kollektivvertrages gehört es nämlich, dass dieser Kollektivvertrag einen bestimmten Bereich, eine Branche sowohl auf Arbeitgeber- wie auch auf Arbeitnehmerseite repräsentiert. Erst wenn klar ist, dass in einer Branche eine repräsentative Anzahl an Betrieben einerseits und an Arbeitnehmern andererseits vorhanden ist und somit ein genereller Regelungsbedarf besteht, wird es zur Aufnahme von Kollektivvertragsverhandlungen kommen und in der Folge ein – repräsentativer – Kollektivvertrag abgeschlossen werden.

Aus der Praxis kann jedenfalls gesagt werden, dass von einem Kollektivvertrag umfasste Arbeitnehmer deutlich bessere und vor allem rechtlich garantierte Arbeits- und Entgeltbedingungen vorfinden als jene, bei denen kein Kollektivvertrag gilt.

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