Abrissbirnen
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11.1.2019

AK Präsident Zangerl: Klage gegen die Zerschlagung und Zentralisierung der TGKK

AK Tirol und TGKK haben den Beschluss gefasst, nach Vorliegen eines Gutachtens eine Klage beim Verfassungsgerichtshof gegen die Zerschlagung und Zentralisierung der Gebietskrankenkasse einzubringen. Allein die Tiroler Gebietskrankenkasse verliert geschätzte 178 Millionen Euro. „Die Hauptbetroffenen sind die Patienten. Die funktionierende Gesundheitsversorgung der Arbeitnehmer-Familien steht bei derartigen Kürzungen auf dem Spiel“, sagt der Tiroler AK Präsident und BAK-Vizepräsident Erwin Zangerl (AAB-FCG). 

offen gesagt

„Es geht um die Zukunft unseres Gesundheitssystems, um eine funktionierende Versorgung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Familien."

Erwin Zangerl,
AK Präsident

Klage am Höchstgericht

„Wir haben bereits anlässlich des Nationalratsbeschlusses zur Zerschlagung und Zentralisierung der Gebietskrankenkasse den Gang zum Höchstgericht angekündigt. Nach Einholung eines Gutachtens zur Prüfung der Zulässigkeit eines Individualantrags beim Verfassungsgerichtshof wird in einem nächsten Schritt eine Kanzlei beauftragt, im Auftrag von TGKK und AK Tirol Klage einzubringen“, bekräftigen der Tiroler AK Präsident und BAK-Vizepräsident Erwin Zangerl (AAB-FCG) und TGKK-Obmann Werner Salzburger.

Länder werden zu Bittstellern

Und zwar in mehreren Punkten: Die soziale Krankenversicherung braucht, um ihren Versorgungsauftrag zu erfüllen und dem Bedarf einer immer älter werdenden Gesellschaft zu entsprechen, eine solide und planbare finanzielle Basis. Aus dem neuen Gesetz ergeben sich gravierende finanzielle Folgen, die noch nicht abgewendet sind. Konkret bedeutet das: Die aus den Beiträgen der Tiroler Unternehmer und Arbeitnehmer erwirtschaftete Leistungssicherungsrücklage, das Eigenkapital der TGKK in der Höhe von 94 Millionen Euro, geht verloren. Die Einnahmen der TGKK setzen sich bekanntlich nicht nur aus Beiträgen zusammen. Einnahmen wie beispielsweise Ersätze für Leistungsaufwendungen, Rezeptgebühren, Kostenbeteiligungen etc. fallen weg. Damit verliert die Zusage, dass Beiträge „im Land bleiben“, fast völlig ihre Bedeutung, weil der Bevölkerung 178 Millionen Euro entzogen und sie zu Bittstellern in Wien degradiert wird. Somit werden rund 20 % der Gelder nicht „regionalisiert“ und fehlen im Budget der zukünftigen Landesstelle.

Kompetenz­verschiebung nicht nachvollziehbar

Ein weiterer Punkt betrifft die im Gesetz vorgesehene Kompetenzverschiebung der Beitragsprüfung zu den Finanzbehörden. Hier handelt es sich um Gelder der Versicherten, nicht um Steuergelder. Der vorliegende Gesetzesentwurf ist ein massiver und rechtlich unzulässiger Eingriff in die Finanzhoheit der Sozialversicherung. Hohe finanzielle Nachteile für die Versichertengemeinschaft werden durch den Verlust der Prüfkompetenz durch die Krankenversicherungsträger folgen. Dass die Beitragsprüfung ausschließlich von der Finanz durchgeführt wird, entzieht den Kassen die direkte Beteiligung an der Beitragsprüfung. Weder mit den Grundsätzen der Selbstverwaltung vereinbar, noch nachvollziehbar ist, dass die gesamte Beitragsprüfung an das Bundesministerium für Finanzen gesetzlich übertragen wird.

Auch die geplante Neugestaltung der Verwaltungskörper und die erhebliche Ausweitung der Aufsichtsrechte scheinen in verfassungsrechtlicher Hinsicht wohl unvereinbar mit dem Prinzip der Selbstverwaltung.

Die Organisation eines Selbstverwaltungskörpers hat sich am verfassungsrechtlichen Rahmen der Artikel 120a bis 120c B-VG zu orientieren. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof insbesondere ausgesprochen, dass die Organe des Selbstverwaltungskörpers von diesem autonom zu bestellen sind. Ebenso stehen die Entscheidungsbefugnis und auch die weit überschießenden Aufsichtsrechte im Widerspruch zum verfassungsrechtlich geschützten Prinzip der Selbstverwaltung.

Knackpunkt Parität

Ein weiterer Knackpunkt ist auch die Parität. Die Einführung der Parität zwischen Dienstgebern und Dienstnehmern in den künftigen Gremien der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) und insbesondere der Landesstellen ist - wie zahlreiche Gutachten bestätigen - verfassungswidrig. Dienstgeber bringen lediglich 28,9 % an den gesamten Einnahmen - und damit weit weniger als die Hälfte der Mittel - auf. Zudem bedeutet Selbstverwaltung im Zusammenhang mit einer Krankenversicherung der Arbeitnehmer, dass eben diese Gruppe ihre Interessen selbst verwalten können muss. Die Betroffenheit aller Arbeitnehmer legitimiert diese auch, mehrheitlich ihre Versorgung zu verantworten. Dieser Grundsatz darf nicht gebrochen werden.

Zangerl: „Es geht um die Zukunft unseres Gesundheitssystems, um eine funktionierende Versorgung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Familien. Wir verlangen statt einer Kassenzentralisierung, die die Leistungen für die Versicherten verschlechtern wird, eine Gesundheitsreform mit einem bestmöglichen Leistungsniveau für alle Beschäftigten und ihre Familien. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die unser Land am Laufen halten, haben sich ein derart respektloses Verhalten nicht verdient.

Es steht zu befürchten, dass das öffentliche Gesundheitssystem ausgehungert, und die Patienten die Draufzahler sein werden: durch Selbstbehalte, schlechtere Leistungen und längere Wartezeiten. Die neun Gebietskrankenkassen sind nicht Eigentum des Staates oder gar der Regierung, sondern sind selbstverwaltete Einrichtungen, die den 8,7 Millionen Versicherten gehören, weil sie zum größten Teil aus Arbeitnehmer-Beiträgen gespeist werden. Somit ist diese Zentralisierung die größte Enteignung gegenüber der Arbeitnehmerschaft. Diese Einheitslösung wird keine Rücksicht mehr auf regionale Unterschiede nehmen“, befürchtet der AK Präsident abschließend. 

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