AK Präsident Erwin Zangerl
© AK Tirol/Friedle
30.6.2021

„Gleichbezahlungsbeauftragter soll für Gerechtigkeit sorgen“

„Die gravierenden Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen sind in hohem Maß ungerecht“, sagt AK Präsident Erwin Zangerl im Interview. Er fordert einen Gleichbezahlungsbeauftragten, um die Einkommensdiskriminierung zu bekämpfen. Auch dem Arbeitsminister übergab Zangerl ein Forderungspaket.

Herr Präsident, ihr Vorstoß für eine Gleichbezahlungsbeauftrage bzw. einen -beauftragten wurde von allen Seiten positiv aufgenommen. Scheinbar herrscht hier wirklich Bedarf...

Zangerl: Ohne jeden Zweifel. Wir kämpfen seit Jahren dafür, dass sich die Lohnschere endlich zu schließen beginnt. Überall wird zu Recht davon gesprochen, dass wir der Diskriminierung den Kampf ansagen müssen, nur im Bereich der Löhne passiert nichts. Dabei handelt es sich hier um nichts anderes als um eine Einkommensdiskriminierung von Frauen. Deshalb ist ein Gleichbezahlungsbeauftragter mit echten Kontroll- und Rechtsdurchsetzungskompetenzen absolut notwendig. Gleiche Behandlung heißt nämlich auch gleiche Bezahlung. Deshalb wäre es wichtig, dass hier noch jemand kontrolliert und mithilft, die Lohnschere endlich zu schließen.

OFFEN GESAGT

„Überall wird zu Recht davon gesprochen, dass wir der Diskriminierung den Kampf ansagen müssen, nur im Bereich der Löhne passiert nichts. Dabei handelt es sich hier um nichts anderes als eine Einkommensdiskriminierung von Frauen.“

Erwin Zangerl,
AK Präsident

Sie haben nicht nur beim Thema Lohnungerechtigkeit einen Vorstoß für Verbesserungen gemacht, sondern auch Arbeitsminister Martin Kocher bei ihrem Treffen zahlreiche Forderungen vorgelegt...
Es gibt gerade bei den uns sehr nahestehenden Themen Arbeitsrecht bzw. Arbeitsmarkt einiges, wo ich dringenden Änderungsbedarf sehe, auch bedingt durch die Corona-Pandemie. Darüber haben wir ausführlich gesprochen.

Ging es dabei auch um das Arbeitslosengeld?
Unsere Forderung, das Arbeitslosengeld befristet auf 70 Prozent zu erhöhen, habe ich bei diesem Gespräch bekräftigt. Aber auch, dass die Fristen beim Arbeitslosengeld dringend angepasst werden müssen. Ansonsten gleiten gerade Tourismusmitarbeiterinnen bzw. -mitarbeiter unverschuldet in die Notstandshilfe ab, weil sie aufgrund der coronabedingt verkürzten Saisonen keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Und das kann nicht sein. Auch beim einkommensabhängigen Kindergeld habe ich eine Friständerung gefordert sowie einen erleichterten Zugang. Ein weiteres Thema waren die Konkurrenzklauseln, die endlich abgeschafft gehören.

Da Bundesminister Martin Kocher auch für Jugend zuständig ist – haben Sie auch Themen aus diesem Bereich mit ihm besprochen?
Auch hier habe ich ihm einen breiten Forderungskatalog mit nach Wien gegeben. Denn nach 15 Monaten Hin und Her zwischen Distance-Learning und fehlenden Praktikumsplätzen müssen wir der Jugend neue Chancen ermöglichen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die Zukunftsängste bei den jungen Menschen immer größer werden. Deshalb braucht es in allen Bereichen mehr Unterstützung, sei es durch eine gerechte Schulfinanzierung, den Ausbau von berufsbegleitenden Studienangeboten bis hin zum Ende der Verfallsfristen bei Überstunden von Jugendlichen oder der Entlohnung von Pflichtpraktika. Gerade die Finanzierung der Ausbildung wird ein wichtiges Thema bleiben.

Sie sprechen damit auch das Strategiepapier Pflege der AK Tirol an?
Das ist richtig. Ein wichtiger Punkt dabei ist die Ausbildung von der Pflegelehre bis hin zum Studium für das Diplom. Es muss hier finanzielle Anreize in der Ausbildung geben und eine klar geregelte und angemessene Lehrlingsentschädigung. Mit einem Taschengeld von 130 bzw. 180 Euro, das Sie in der Ausbildung zur Pflegeassistenz bzw. Pflegefachassistenz bekommen, wird man den Personalmangel nicht beheben können. Auch in diesen Ausbildungszweigen braucht es Änderungen. Solange sich am Pflegeberuf Interessierte fragen müssen, wie sie sich die Ausbildung leisten können, werden wir nicht weiterkommen. Das gilt auch für diejenigen, die quereinsteigen oder umschulen wollen.

Welches Thema lässt sie mit Sorge in die Zukunft blicken?
Das bleibt wohl das Wohnthema. Vermieter verlangen jetzt in Innsbruck einen Nachweis, dass der Mieter doppelt soviel verdient, wie die Miete beträgt, in einem Fall 1.250 Euro für 80 Quadratmeter. Wer kann sich das leis-ten? Wie sollen junge Menschen sich Wohnraum schaffen, von Eigentum ganz zu schweigen? Und wo sollen diejenigen hin, die in der Pension die Miete nicht mehr zahlen können? Hier stehen wir vor unglaublichen Herausforderungen.

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