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26.5.2023

Euregio-Studie, Teil 3: Beschäftigte mit Vereinbarkeit Beruf und Privatleben zufrieden

Die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bewerten die 4.500 befragten Beschäftigten in der gesamten Europaregion zufriedenstellender (85 %) als der europäische Durchschnitt (81 %). Dennoch zeigt die Studie kritische Punkte auf - insbesondere bei den Selbstständigen und in den Branchen Verkehr, Hotellerie und Gastronomie sowie in der Landwirtschaft.

Zufriedenstellende Vereinbarkeit für Mehrheit der Beschäftigten in der Euregio

Die AK Tirol präsentierte gemeinsam mit ihren Projektpartnern im Rahmen einer Veranstaltung am 26. Mai 2023 in Bozen die dritte Auswertung der Daten zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben in den drei Gebieten der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino.

Die Studie zeigt, dass 85 % der unselbstständig Beschäftigten in der Euregio mit ihrer Work-Life-Balance zufrieden sind. Dies ist besser als der EU-Durchschnitt von 81 %. Der beste Wert wird in Tirol verzeichnet, wo 87 % mit der Vereinbarkeit zufrieden sind, gefolgt von 85 % im Trentino und 84 % in Südtirol.
Allerdings ist festzuhalten, dass die Tiroler Zufriedenheit von 87 % doch zwei Prozent und dem österreichischen Wert von 89 % Zufriedenheit liegt.

Teilzeit wirkt sich auf die Zufriedenheit positiv aus: Diejenigen, die teilzeitbeschäftigt sind, geben in 93 % der Fälle an, zufrieden zu sein, verglichen mit 83 % der vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer:innen. Wie Isabella Speziali, Direktorin des Büros für Arbeitsmarktpolitik der Trentiner Landesarbeitsagentur, betont, "betrifft dieser Umstand vor allem Frauen – diese arbeiten etwa in vier von zehn Fällen in Teilzeit, also viermal öfter als Männer. Obwohl die teilzeitbeschäftigten Frauen generell stärker in die Betreuung von Haus und Familie eingebunden sind, geben sie an, mit ihrer Flexibilität hinsichtlich Arbeitszeiten und Arbeitsorganisation zufriedener zu sein. Die vermeintlich große Zufriedenheit der Frauen ist aber ein zweischneidiges Schwert, denn sie führt zu größerer finanzieller Abhängigkeit und oftmals auch zu Altersarmut aufgrund von deutlich reduzierten Pensionsleistungen".

AK Präsident Erwin Zangerl:

„Einerseits freuen uns die doch zufriedenstellenden Daten aus Tirol, gleichzeitig ist uns aber bewusst, dass es noch immer die Frauen sind, auf deren Schultern die Verantwortung für Kinderbetreuung, Pflege oder unbezahlte Hausarbeit lastet – dementsprechend schwer haben sie es auf dem Arbeitsmarkt. Für eine zufriedenstellende Vereinbarkeit von Familie und Beruf verzichten Frauen nicht nur auf mögliche Karrierechancen, sondern riskieren auch ihre finanzielle Absicherung in der Pension.“


Hinderungsgründe für eine gute Vereinbarkeit

Im Allgemeinen kann eine gute Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf durch mehrere Faktoren beeinträchtigt werden: Dazu zählen lange Arbeitszeiten, Überstunden, Schichtarbeit, die Sechs- oder gar Siebentagewoche und starre Unternehmensstrukturen.

Vor allem Selbständige äußern sich am wenigsten positiv: 81 % sind "zufrieden" gegenüber 86 % bei den unselbständig Beschäftigten. Wer beruflich hoch engagiert ist, sieht es auch als notwendig, in der Freizeit zu arbeiten. Besonders bei Führungskräften und in hochspezialisierten Berufen ist das der Fall.

Zu den in Bezug auf die Vereinbarkeit problematischen Branchen gehören die Landwirtschaft, das Gastgewerbe und der Bereich Verkehr (die Spanne der Zufriedenen reicht von 77 % bis 83 %). Stellen bei Finanzdienstleistern und im öffentlichen Sektor (vor allem im Bildungswesen) gehören in punkto Vereinbarkeit zum Spitzenfeld (Spanne der Zufriedenen zwischen 88 % und 89 %).

Best-Practice-Modelle und Podiumsdiskussion

Um zu veranschaulichen, wie die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf verbessert werden kann, wurden drei vorbildliche Modelle aus der Europaregion vorgestellt: Michael Wörzer aus dem Bundesland Tirol präsentierte den Wettbewerb „Familienfreundlichster Betrieb Tirols“, Patrizia Pace erklärte das Trentiner öffentlich-private Dienstleistungssystem, wobei sie das Work-Life-Ökosystem für den Sommer in den Mittelpunkt stellte. Christa Ladurner von der Allianz für Familie erläuterte, wie neue Betreuungsmodelle zu einer gerechteren Verteilung der familiären Lasten zwischen den Eltern führen können.

Barbara Gerstenberger, die Vertreterin der renommierten Eurofound-Stiftung in Dublin und Leiterin der europaweiten EWCS-Originalstudie stellte die europäischen Ergebnisse vor und verwies auf die jüngste Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Eltern mit Betreuungsbedarf, die vom Europäischen Rat im Juni 2019 verabschiedet wurde.

Alle fünf Jahre führt die in Dublin ansässige Europäische Stiftung für die Qualität der Arbeitsbedingungen (Eurofound) in 36 europäischen Staaten die Erhebung der Arbeitsbedingungen (EWCS) durch. Sie wurde in der Europaregion im Jahr 2021 mit 4.500 Telefoninterviews im Bundesland Tirol, Südtirol und dem Trentino repliziert und ermöglicht einen direkten Vergleich aller untersuchten Aspekte der Arbeitsbedingungen zwischen den drei Gebieten. Dieses von der Europaregion finanzierte und unterstützte Projekt legitimiert es den drei Partnerinstituten, vertiefte thematische Studien zu den Arbeitsbedingungen in den drei Landesteilen zu betreiben.

Die nächste Präsentation der Euregio EWCS-Studie wird am 20. November 2023 in Innsbruck stattfinden. Bei dieser Gelegenheit werden die Ergebnisse zum Thema Arbeits- und Betriebsklima vorgestellt, zu dem unter anderem Vertrauen und Zusammenhalt am Arbeitsplatz unter Kolleg:innen sowie die Beziehung zwischen Mitarbeiter:innen und Führungskräften gehören.

Die gesamte Studie finden Sie rechts als Download.

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