Junge Arbeitnehmerin in der Werkstatt
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21.5.2024

Euregio-Studie, Teil 6: Autonomie am Arbeitsplatz - Tirol mit Nachholbedarf

Die Beschäftigten in der Euregio Tirol-Südtirol-Trentino weisen im europäischen Vergleich erfreuliche Werte im autonomen Arbeiten und in der beruflichen Mitwirkung auf. Vor allem Berufstätige aus dem Trentino stechen positiv hervor, während es im Bundesland Tirol noch Nachholbedarf gibt.

Die Euregio-Studie zu den Arbeitsbedingungen in Tirol, Südtirol und Trentino wird seit 2021 von der Arbeiterkammer Tirol gemeinsam mit den Partnerinstitutionen Arbeitsförderungsinstitut in Südtirol und der Agenzia del Lavoro im Trentino durchgeführt. In der letzten größeren Publikation im Rahmen dieser Studie wurden heute (21. Mai 2024) in Trient aufschlussreiche Erkenntnisse über das Ausmaß des autonomen Arbeitens und der Mitwirkung an beruflichen Entscheidungen präsentiert. Das Datenmaterial besteht dabei aus repräsentativen Befragungen von über 4.500 Berufstätigen aus den drei Landesteilen der Europaregion zu unterschiedlichsten Aspekten der Arbeitsbedingungen. Zudem konnten die Daten in direktem Vergleich in die Ergebnisse aus ganz Europa integriert werden. Die aktuelle Publikation umfasst dabei Teilaspekte wie etwa die eigenständige Wahl des Arbeitstempos, die Arbeitsmethoden oder die Reihenfolge der Arbeitsaufgaben. Ob berufstätige Personen auch an beruflich wichtigen Entscheidungen mitwirken und in regelmäßigen Versammlungen ihre Ansichten darlegen können, gehört ebenfalls zum thematischen Rahmen der Studie.


Nachholbedarf für Tirol

Die Ergebnisse zeigen, dass für Berufstätige im Trentino besonders viele Möglichkeiten bestehen, ihre Arbeitsweise individuell zu gestalten, denn sowohl was das Tempo, die Methoden als auch die Reihenfolge der Arbeit angeht, nehmen Beschäftigte im Trentino die Spitzenposition im Vergleich zu Südtirol und Tirol ein. Auch im Vergleich zu den für die Europaregion wichtigen Vergleichsländern Österreich, Italien, Deutschland und Schweiz schneidet das Trentino bei den meisten Themenstellungen mit sehr erfreulichen Werten ab. Die Analyse der Umfragedaten konnte auch aufzeigen, dass Beschäftigte im Trentino häufiger in die gemeinsame Entscheidungsfindung an ihrem Arbeitsplatz miteingebunden werden. Doch auch berufstätige Personen der anderen beiden Euregio-Landesteile schneiden im europäischen Vergleich insgesamt zufriedenstellend ab, auch wenn bei den befragten Personen aus Tirol sichtbar wird, dass es nördlich des Brenners einiges an Nachholbedarf gibt.

„Die Ergebnisse zum autonomen Arbeiten sind auf den ersten Blick erfreulich, doch die häufig unterdurchschnittlichen Werte für Beschäftigte aus Nord- und Osttirol sollten für die heimischen Betriebe als Auftrag verstanden werden, die Autonomie am Arbeitsplatz für ihre Beschäftigten endlich zu erhöhen. Das Trentino zeigt vor, wie es geht“, so AK Tirol Präsident Erwin Zangerl.

Höherer Bildungsabschluss bringt mehr Gestaltungsspielraum

Im Rahmen der Veranstaltung in Trient unter der Schirmherrschaft der Euregio sind zudem vertiefende Ergebnisse zu den Unterschieden zwischen einzelnen Gruppen von Beschäftigten in der Europaregion präsentiert worden. Die Zahlen zeigen, dass sich ein höherer Bildungsabschluss positiv auf das Ausmaß der individuellen Arbeitsgestaltung auswirkt. Auch die Möglichkeit, an der gemeinsamen Entscheidungsfindung am Arbeitsplatz teilzunehmen, ist für Personen mit einem sekundären oder tertiären Bildungsabschluss häufiger gegeben. Dementsprechend werden auch Unterschiede zwischen einzelnen Berufsgruppen sichtbar. So berichten neben Führungskräften und Personen in akademischen Berufen auch Fachkräfte aus der Land- und Forstwirtschaft häufiger von einem hohen Ausmaß an Gestaltungsspielraum im Arbeitsalltag als etwa Bedienende von Anlagen und Maschinen oder Hilfsarbeitskräfte. Die konkrete Branche, in der die Menschen beschäftigt sind, spielt dabei ebenfalls eine Rolle. Wirtschaftszweige wie die öffentliche Verwaltung oder das Verkehrs- und Lagereiwesen, die oftmals von starren Hierarchien und Arbeitsplänen geprägt sind, weisen im Vergleich zum Euregio-Schnitt geringere Möglichkeiten zum autonomen Arbeiten auf. Beschäftigte aus dem Bereich der Finanzdienstleistungen oder der sonstigen Dienstleistungen, zu denen unter anderem Beratungsunternehmen gehören, können ihren Arbeitsalltag hingegen flexibler gestalten und häufiger an beruflichen Entscheidungen mitwirken.

Die Tiroler Arbeitslandesrätin Astrid Mair mit ihrem Fazit zur Publikation: „Ein wettbewerbsfähiger Arbeitsmarkt ist für die Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino eine elementare Voraussetzung, um unseren Wohlstand zu erhalten und als attraktiver Wirtschaftsstandort wahrgenommen zu werden. Autonomes Arbeiten und berufliche Mitwirkung sind dabei essenziell, um die Motivation von Mitarbeitenden zu erhöhen und die besten Fachkräfte in der Region zu halten.“ 

Die gesamte Studie finden Sie rechts als Download.