Unsere Kraft liegt im Miteinander
Seit 100 Jahren gibt es das Betriebsrätegesetz. Es ist ein Erfolgsmodell für demokratische Mitsprache der Beschäftigten in den Betrieben. Diese Mitbestimmung muss aber weiter ausgebaut werden, vor allem im Hinblick auf die rasante Digitalisierung.
Die Gewerkschaften, die Betriebsräte und die Arbeiterkammer sind die drei Säulen, die Österreich zu einem der wirtschaftlich stärksten Länder in Europa und in der Welt gemacht haben. Diese Stärke ist ganz entscheidend, wenn wir die Herausforderungen der Zukunft für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fair gestalten wollen.
In Tirol gibt es mehr als 4.500 Betriebsrätinnen und Betriebsräte. Leider ist noch immer in zahlreichen – auch großen – Tiroler Firmen die betriebliche demokratische Mitbestimmung der Belegschaft nicht erwünscht. Unter dem Motto: „Was die Mitarbeiter wollen und brauchen, weiß der Chef ohnehin am besten“, wird die Neugründung eines Betriebsrats von manchen Arbeitgebern bereits im Vorfeld behindert, etwa durch Drohungen oder Einschüchterungsversuche. So geraten ganze Belegschaften derart unter Druck, dass sie das Vorhaben wieder aufgeben.
Doch diejenigen Firmen, die einen Betriebsrat haben, wissen das Miteinander von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerschaft zu schätzen. Betriebsräte stehen heute vor großen Herausforderungen: Neue Beschäftigungsformen, neue Technologien und die Haltung so mancher Arbeitgeber, die die Verhandlungen mit der Mitarbeiterschaft als Zeitverschwendung betrachten, fordern die Betriebsrätinnen und Betriebsräte immer wieder heraus. Hinzu kamen die Attacken der alten türkis-blauen Regierung auf alle, die sich für die Interessen der Beschäftigten einsetzen. „Unsere Kraft liegt im Miteinander“, sagen AK Präsident Erwin Zangerl und ÖGB Vorsitzender Philip Wohlgemuth.
Umso bedeutsamer ist die Tatsache, dass es seit nunmehr 100 Jahren das österreichische Betriebsrätegesetz gibt. Es ist ein Erfolgsmodell der Mitbestimmung der Beschäftigten in den Betrieben. „Maßnahmen wie der 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche, die Streichung des freien Karfreitags oder die Zentralisierung der Krankenkassen sind der falsche Weg: Wir wollen kürzere Arbeitszeiten und mehr Planbarkeit für die Beschäftigten. Wir wollen die Arbeitnehmerschaft gesellschafts- und sozialpolitisch nach vorne bringen und nicht zurück in dunkle Zeiten“, stellt Erwin Zangerl klar. Auch die Digitalisierung bringt kein besseres Leben auf Knopfdruck und wird nicht die Interessengegensätze zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten zum Verschwinden bringen. „Deshalb müssen und werden wir die Digitalisierung aktiv mitgestalten. Und dazu muss auch die Mitbestimmung im Betrieb ausgebaut werden“, verlangt Zangerl. Und Wohlgemuth ergänzt: „So wie vor hundert Jahren gilt auch heute: Gute Arbeitsbedingungen, faire Einkommen und ein Umgang auf Augenhöhe kommen nicht von alleine. Die Arbeitnehmerschaft und ihre Vertreter sind es, die diese Rechte immer wieder aufs Neue erkämpfen müssen.“
Große Leistung
Vor hundert Jahren, im Mai 1919 wurde das Betriebsrätegesetz verabschiedet und die Mitbestimmung der Arbeitnehmer verankert. Für drängende Sozialmaßnahmen war es hoch an der Zeit. Österreich litt unter den Kriegsfolgen. Es galt, Soldaten und Flüchtlinge wieder in die Wirtschaft zu integrieren. Die Herausforderungen für die Arbeitnehmer waren ungleich härter als heute. Im ersten Schritt wurden die Arbeitszeit verkürzt und die Arbeitslosenversicherung eingeführt. Maßnahmen, die damals noch mit Arbeitskampf und Konfrontationen verbunden waren.
Auch nach Ende des Zweiten Weltkriegs war das Klima zwischen Betriebsräten und Arbeitgebern anfangs noch von Auseinandersetzungen geprägt. Erst Anfang der 1950er Jahre etablierte sich die Sozialpartnerschaft. Das Wirtschaftswunder ist losgegangen. Den Menschen ging es besser. Die sozialen Gegensätze mäßigten sich. Durch die Einrichtung von Betriebsräten konnten viele Verbesserungen erreicht werden, um die Arbeit körperlich leichter zu machen. Heute sind die Belegschaftsvertreter mit ganz anderen Themen konfrontiert: Ein Dauerbrenner in der täglichen Arbeit ist die richtige Einstufung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Besonders gefragt ist bei den Betriebsräten betriebswirtschaftliches Wissen. Sie müssen global denken. Es geht um Produktionskonzentrationen und Verlagerungen. „Betriebsräte können für ihre Kollegen viel erreichen und auch verhindern“, so Zangerl. „Es zahlen die drauf, die in Betrieben ohne Betriebsrat arbeiten. Dort wird meist einfach angeordnet.“
Das Gesetz zur Errichtung von Betriebsräten wurde im Jahr 1919 beschlossen und ist ein Meilenstein in der Geschichte Österreichs auf dem Weg zu besseren Arbeitsbedingungen, mehr sozialer Gerechtigkeit und Mitbestimmung in den Betrieben. Es war dies der Vorläufer des seit 1974 geltenden Arbeitsverfassungsgesetzes.
gemeinsam sind wir stark
Mitbestimmung stärken. Das Ziel ist aktueller denn je: Schwierige wirtschaftliche Zeiten sowie die zunehmende Globalisierung der Wirtschaft führen dazu, dass es zur Entsolidarisierung der Arbeitnehmer und zu einer Aushöhlung der Mitbestimmung der Belegschaft kommt.
Gut fürs Arbeitsklima. Viele Arbeitgeber scheuen nach wie vor die Gründung von Betriebsräten, wobei die Ängste in vielen Fällen völlig unbegründet sind, da der Betriebsrat eine wichtige und konstruktive Rolle in der Zusammenarbeit zwischen Belegschaft und Arbeitgeber einnimmt und einen ausgesprochen günstigen Einfluss auf das Arbeitsklima hat.
Falsche Vorurteile. Die Ängste einzelner Arbeitgeber mögen jedoch dann begründet sein, wenn der Betriebsrat seine Kontrollfunktion wahrnimmt, Missstände aufzeigt und abstellt oder sich für den Erhalt der Arbeitsplätze im Lande anstelle einer Verlagerung in das entfernte Ausland stark macht.
Selbst aktiv werden. Laut Gesetz muss in jedem Betrieb ein Betriebsrat errichtet sein – ausgenommen davon sind nur jene Betriebe, die weniger als fünf Personen beschäftigen. Die Aufforderung zur Errichtung des Betriebsrates richtet sich allerdings direkt an die Belegschaft und nicht an den Arbeitgeber. Die Mitarbeiter müssen also selbst die Initiative ergreifen. Der Arbeitgeber darf jedoch eine Betriebsratswahl nicht behindern, sondern hat sie – weil ja gesetzlich vorgeschrieben – zu ermöglichen und sogar die mit der Abwicklung verbundenen, ohnehin geringen Kosten wie z. B. Briefporto, Anfertigen von Kopien, etc. zu tragen.
Wahl des Betriebsrates. Die Gründung eines Betriebsrates erfolgt durch eine Betriebsratswahl. Diese unterliegt genauen Formvorschriften. Für den ersten Schritt ist es jedoch bei einer Betriebsratsgründung am allerwichtigsten, dass ein paar Interessierte bereit sind, ein solches Vorhaben in die Hand zu nehmen und daran mitzuwirken.
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