CO2-Steuer
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22.02.2022

AK Analyse zur Steuerreform 2022: Das bringt sie wirklich!

Die Steuerreform ist bei genauerer Betrachtung nicht der große Wurf, als der sie präsentiert wurde. Eine echte Erleichterung ist sie nicht, wie die Analyse der AK Wirtschaftsexperten zeigt. Die Kalte Progression wird bis 2026 die Steuerentlastung auffressen.

Die ökosoziale Steuerreform wurde lange erwartet und groß angekündigt, aber es ist nicht alles ökologisch oder sozial, was sich dahinter verbirgt. So finden sich darunter auch Steuergeschenke für Großunternehmen ohne jegliche ökologische Komponente, aber mit negativen Langzeitfolgen fürs Budget. Hingegen wird etwa für kinderlose Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht einmal die Kalte Progression der letzten Jahre wieder wettgemacht. „Gerade die Abschaffung der Kalten Progression hätte eine massive Erleichterung gebracht, so wird wieder das Geld von einer Tasche in die andere geschoben, vom Verwaltungsaufwand nicht zu reden“, so AK Präsident Erwin Zangerl. Die Belastungen würden dadurch nicht sinken, im Gegenteil: Zangerl befürchtet einen Anstieg der Preise, etwa bei den Mieten. Ein gezielter Ausgleich wird durch den Klimabonus nicht stattfinden, die Förderungen sind zum Teil nicht durchschaubar.

Die AK Tirol hat einige Kernpunkte näher beleuchtet und zeigt die Folgen der Steuerreform auf:

Regionaler Klimabonus

(100 Euro, 133 Euro, 167 Euro, 200 Euro, Staffelung je nach Urbanität, Kinder bekommen die Hälfte)

Positiv: Eine gewisse Art von Kostenausgleich für CO2-Besteuerung ist grundsätzlich sehr positiv zu betrachten, da dies vor allem niedrigen Einkommen hilft.

Negativ: Vorsicht: Die Einstufung erfolgte nach dem Gießkannenprinzip ohne Berücksichtigung realer Einkommensverhältnisse und des tatsächlichen Energieverbrauchs. Die Einteilung der urbanen/ländlichen Gebiete hat auch klare Schwächen:

  1. Beispielsweise werden abseits gelegene Weiler so betrachtet wie der Dorfkern, was bezüglich der Verkehrsanbindung aber nicht vergleichbar ist (z. B. Omes und Axams, Oberellbögen und Ellbögen etc.).
  2. Ebenso gibt es Einstufungen, deren Unterscheidung für die dortigen Bewohner nicht nachvollziehbar ist: So liegt Schmirn zu Recht in der höchsten Kategorie IV (200 Euro), während das benachbarte Vals in die Kategorie III (167 Euro) eingestuft wurde. Das wiederum ist dieselbe Kategorie wie für die Bezirkshauptstadt Landeck, wo es sowohl regionale Arbeitsplätze gibt, als auch eine sehr gute Pendleranbindung an die Bahn – die Vergleichbarkeit mit Vals hinkt also.
  3. Wenn die Arbeitszeiten mit den Fahrzeiten der öffentlichen Verkehrsmittel nicht kompatibel sind (z. B. Abend-/Nachtdienste) oder der Arbeitsort sehr abseits gelegen ist, hilft es nicht, in einem urbanen Raum zu wohnen, man wird trotzdem weiterhin auf das eigene Auto angewiesen sein, dies ist ein bekanntes infrastrukturelles Problem.
Nachhaltig interessiert. Insbesondere jene Menschen, die die Änderung ihres Heiz- oder Mobilitätsverhaltens nicht selbst bestimmen können (z. B. Mieter in Häusern mit Öl- oder Gasheizungen oder Berufspendler aus entlegenen Gebieten) werden meist weniger zurückbekommen, als sie an CO2-Steuer zukünftig bezahlen müssen.
 

CO2-Steuer

ab 2022 30 Euro je Tonne CO2-Äquivalent, ab 2023 35 Euro, ab 2024 45 Euro, ab 2025 55 Euro

Positiv: Das spätere Einstiegsdatum ist in Anbetracht der derzeit sehr hohen Energiekosten aus sozialpolitischer Sicht zu begrüßen. Die CO2-Steuer als solche ist aus Sicht des Umwelt- und Klimaschutzes grundsätzlich positiv

Negativ: Vorsicht: Die Preishöhe ist zu bzw. sehr niedrig angesetzt, da etwa im EU-Emissionshandel die Tonne bereits 60 Euro kostet. Experten gehen von einem Lenkungseffekt ab 150 Euro pro Tonne aus. Es darf somit stark bezweifelt werden, dass hier die Menschen an ihrem Verhalten etwas ändern und der gewünschte Lenkungseffekt eintritt. Bei den Treibstoffpreisen wird es mit einem CO2-Preis von 30 Euro je Tonne zu einer Preiserhöhung von ca. 8 Cent pro Liter Benzin sowie ca. 9 Cent pro Liter Diesel kommen. Dieser Anstieg wird jedoch im Vergleich zu den wiederkehrenden Marktschwankungen – so war die Preisentwicklung im letzten Jahr mehr als doppelt so hoch – nicht wirklich spürbar sein. Mit den vorgeschlagenen Maßnahmen werden die EU-Klimaziele wohl kaum erreicht.

 

Erhöhung Familienbonus von 1.500 auf 2.000 Euro pro Kind

Positiv: Jede Steuerentlastung ist grundsätzlich positiv zu sehen, wenn sie den Faktor Arbeit steuerlich entlastet. Gerade Familien haben auch eine wichtige gesellschaftspolitische Bedeutung und gehören unterstützt

Negativ: Die Erhöhung des Familienbonus Plus kommt nur der Mittelschicht und Gutverdienenden zu Gute. Bei einem Kind müsste man monatlich € 2.190 brutto verdienen, um den vollen Familienbonus Plus in Höhe von € 2.000 pro Jahr auszuschöpfen. Bei zwei Kindern sind es € 2.860 brutto und bei drei € 3.450  brutto. In den beiden untersten Einkommensfünfteln kommt die Erhöhung des Familienbonus so gut wie gar nicht an.
Negativ: Der Familienbonus wirkt nur dann steuermindernd und somit ausgleichend für die Kalte Progression, wenn man Kinder hat. Erreichen die Kinder das 18. Lebensjahr, ist man jedoch plötzlich mit einer exorbitanten Steuererhöhung konfrontiert, unabhängig davon, ob die Kinder beispielsweise ein Studium absolvieren und sie dafür in eine Universitätsstadt umziehen müssen und somit die Kosten für die Eltern noch weiter steigen.

Senkung Körperschaftssteuer von 25 % auf 23 %

Negativ: Aus Sicht der Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer ist diesem Steuergeschenk nichts Positives abzugewinnen, da die Senkung der KÖSt wohl kaum beschäftigungspolitische Auswirkungen haben wird, sondern hauptsächlich die Gewinne und Dividendenausschüttungen erhöht.
Von der Senkung profitieren fast ausschließlich die gewinnstarken Großunternehmen und Großkonzerne (Top 1,9 % der Unternehmen). Zwei Drittel der Beschäftigten in Tirol arbeiten jedoch in Klein- und Mittelbetrieben.
Negativ: Durch die Senkung ist mit fehlenden Budgetmitteln in Höhe von ca. 774 Millionen Euro zu rechnen.
Nach Jahren intensiver Verhandlungen haben sich am 1. Juli 2021 mehr als 130 Länder auf einen (künftigen) globalen Mindeststeuersatz in der Körperschaftssteuer geeinigt. Dieser Mindestsatz (15 %) liegt zwar unter der nun geplanten KÖSt-Senkung, dennoch erscheint es inkonsequent und problematisch, zumal die Implementierung des globalen Mindeststeuersatzes in das EU-Recht als nächste große Hürde auf die EU-Mitgliedstaaten zukommt.

 

Senkung Steuertarif

von 35 % auf 30 % (für Einkommen zw. 18.000 und 31.000 Euro) und von 42 % auf 40 % (für Einkommen zw. 31.000 und 60.000 Euro)

Positiv: Sorgt für eine Steuerentlastung (in Höhe von 2,8 Mrd. Euro) und gleicht die Kalte Progression seit der letzten Steuerreform zumindest teilweise (jedoch nicht zur Gänze!) aus

Negativ: Diese Entlastung wird durch die Kalte Progression aber bis 2026 wieder verpufft sein, bei höherer Inflation sogar noch wesentlich früher. Die Abschaffung der Kalten Progression wäre daher deutlich wirkungsvoller. Im Gegensatz zur Senkung der Körperschaftsteuer ist die Lohnsteuersenkung daher nicht dauerhaft.
Negativ: Während im ersten Einkommensfünftel (niedrigste Einkommen) niemand von der geplanten Tarifsenkung profitiert, haben fast alle Menschen im obersten Einkommensfünftel nach der Reform mehr Geld zur Verfügung.

 

Senkung der Beiträge zur Krankenversicherung

Im ursprünglichen Entwurf der Steuerreform war geplant, mittels einer Senkung der Krankenversicherungsbeiträge Menschen mit niedrigen Arbeitseinkommen zu entlasten. Geplant war eine Senkung der KV-Beiträge um 1,7 Prozentpunkte, die ab einem Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze (derzeit 485,85 Euro im Monat). Dieser Plan wurde nun doch nicht umgesetzt. Stattdessen sollen niedrige Einkommen über eine Erhöhung des Sozialversicherungsbonus (SV-Bonus) entlastet werden.

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