Lohnnebenkostensenkung gefährdet Sozialsystem
Zangerl: "Angesichts der Wirtschaftsaussichten ist es verkehrt, an den Lohnnebenkosten zu schrauben. Die Beschäftigten bliebe kein Cent mehr!"
Nun sind die Zahlen auf dem Tisch bzw. die Katze aus dem Sack: Bis zu 24 Milliarden Euro haben die letzten beiden Bundesregierungen an „Miese“ hinterlassen, die aufgrund der EU-Vorgaben eingespart bzw. hereingeholt werden müssen. Nun herrscht Panik bei den Akteur:innen. „Jetzt soll wieder die Allgemeinheit für das politische Versagen zahlen, im Speziellen wird es wieder die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer treffen, die auf vielfältige Art zur Kasse gebeten werden“, so AK Präsident Erwin Zangerl, der zudem die immer heftiger werdende Kampfrhetorik aus Industrie und Wirtschaft kritisiert.
„Nach ‚Koste es, was es wolle‘ folgt ‚Sparen bis zum Abwinken‘ ", kritisiert AK Präsident Erwin Zangerl. "Die Politik der letzten fünf Jahre hat komplett versagt! Aber Kampfrhetorik bringt keinen Wirtschaftsaufschwung! Den Druck auf die Beschäftigten zu erhöhen und Arbeitslosengeld oder Pendlerpauschale zu kürzen und Personal- und Lohnnebenkosten senken zu wollen oder das Firmenauto zu besteuern, wird zu keinem Wirtschaftsaufschwung führen, sondern die Wirtschaft abwürgen und das Ansteigen der Armut weiter befeuern.“ Denn der Großteil der Einsparungsvorschläge würde vor allem wieder die Beschäftigten treffen, die ohnehin schon über alle Steuern gerechnet für 80 % der Steuereinnahmen des Bundes sorgen. „Wirtschaft ist kein Selbstzweck, jeder hat seinen Beitrag zu leisten, nicht nur die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bei jeder Gelegenheit zur Kasse gebeten werden. Die nun geplanten Steuererhöhungen treffen wieder die Masse und sorgen so für eine Steuerbelastung, die für die meisten nicht mehr zu bewältigen ist “, so Zangerl.
Nach Jahren der unkontrollierten Geldverteilungen und des Nichtbekämpfens der energiekostengesteuerten Inflation gibt es nun den ernüchternden Kassasturz: Die „Krisenpolitik“ der scheidenden Bundesregierung hinterlässt ein Budgetloch von unglaublichem Ausmaß. Sparen oder neue Steuern heißt deshalb die Devise, denn das Schuldenpaket lässt sich nicht mehr mit den Pseudoreformen der Vergangenheit bekämpfen: 24 Milliarden Euro sind etwa doppelt so viel, wie der Bund im Jahr für Bildung ausgibt. Und egal, ob man nun das Spar-Tempo durch ein im Raum stehendes EU-Verfahren verzögert: „Sollte sich an Österreichs Wirtschaftspolitik und der Politik des ‚Geldverbrennens‘ nichts ändern, wir eben nur auf Zeit gespielt und das Dahinsiechen auf Jahre verlängert. An der Belastungspolitik wird sich nichts ändern“, so AK Präsident Zangerl.
Es spreche nichts gegen notwendige Reformen, doch zusätzliche Belastungen würde die bereits ohnehin angespannte Situation hunderttausender Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich weiter verschärfen. Die zunehmend arbeitnehmerfeindlichen Aussagen würden zudem vollkommen an der Realität vorbeigehen, denn schließlich seien es die Beschäftigten, die mit ihrem Einsatz das Land am Laufen halten und den Großteil der Belastungen tragen müssen, so Zangerl.
„Die Wirtschaft wurde in den Corona-Jahren mit dutzenden Milliarden gestützt, viel von diesem Geld wurde unter dem Motto ‚Koste es, was es wolle“ völlig unkontrolliert verteilt, ohne dass es zu einem Wirtschaftsaufschwung gekommen wäre, im Gegenteil. Österreich steckt in einer Rezession und daran sind nicht die Beschäftigten Schuld und ihre Lohnforderungen, wie vielfach behauptet wird“, stellt Zangerl klar. Als Beispiel nennt der AK Präsident die Pleite von KTM: „Bei Schulden von zwei Milliarden Euro bin ich mir sicher, dass es nicht die Lohnerhöhungen waren, die hier zur Schieflage geführt haben“, so Zangerl. Man habe Energiekosten und Inflation fast ungebremst durchlaufen lassen, ohne zu hinterfragen, wer das steigende Defizit bezahlen soll.
„Ja, Österreich steckt in einer Rezession und viele verlieren ihre Jobs, aber mit einer Schuldenbremse, noch dazu auf Kosten der Beschäftigten, wird das Problem nicht gelöst, sondern verschärft. Wo sind die Investitionen in Bildung oder in die Wettbewerbsfähigkeit?“, fragt Zangerl. Das Geld müsse endlich dorthin, wo es sinnvoll verwendet werden kann. „Wie sollen wir mehr erwirtschaften, wenn wir weniger ausgeben? Wir müssen den Wirtschaftskreislauf ankurbeln und nicht abwürgen und wir brauchen eine Regierung, die endlich versteht, wo investiert werden muss und die nicht nur mit der Gießkanne hantiert und sich dann das planlos ausgegebene Geld via Massensteuern von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zurückholt“, kritisiert der Tiroler AK Präsident.
So sei etwa in den Wohnbau, den Ausbau des öffentlichen Verkehrs oder den Ausbau der Kinderbetreuung zu investieren, ebenso in den Ausbau des Gesundheits- und Bildungswesens, gleichzeitig müssen grundlegende Probleme wie hohe Lebenshaltungs- und Energiekosten endlich zur Chefsache erklärt werden.
„Entweder es bleibt den Menschen mehr zum Leben, oder das Leben muss billiger werden – eines von beiden werden wir umsetzen müssen, um den Konsum und damit die Wirtschaft wieder anzukurbeln“, sagt der AK Präsident.
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