26.2.2020

100 Jahre AK, 100 Jahre Gerechtigkeit

Am 26. Februar 1920 wurde das Arbeiterkammer-Gesetz beschlossen. Die AK startete eine Kampagne unter dem Motto „100 Jahre AK, 100 Jahre Gerechtigkeit“. 


Zu diesem Schwerpunkt gibt es auch eine repräsentative Umfrage von IFES: Sie zeigt, dass Österreich grundsätzlich als relativ gerechtes Land gesehen wird. Trotzdem gibt es nach Ansicht der Befragten große Ungerechtigkeiten.

Zum einen die Verteilung von Vermögen: Wer besitzt wieviel Vermögen und wer leistet welchen Steuerbeitrag?

Zum anderen die Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit. Auch der Zugang zu leistbarem Wohnen wird als ungerecht empfunden.

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Was wir für Sie erreicht haben

im Einsatz für Gerechtigkeit schon immer #FÜRIMMER 

Die Arbeiterkammer setzt sich für Gerechtigkeit ein. Die AK hat Konzepte, wie man bestehende Ungerechtigkeiten beseitigen kann. Die AK macht sich seit 100 Jahren für die Gerechtigkeit stark. Immer schon und #FÜRIMMER

Die AK – seit 100 Jahren im Einsatz für Gerechtigkeit

Am 26. Februar 1920 beschloss das erstmals wirklich demokratisch gewählte Parlament („konstituierende Nationalversammlung“) der jungen Republik Österreich das Gesetz über die Errichtung von Kammern für Arbeiter und Angestellte. Die Arbeiterkammern sollten den Handelskammern (heute: Wirtschaftskammer) als „gleichwertige Partner“ gegenüberstehen. So sollte „ein Zusammenwirken der beiderseitigen Körperschaften bei der Lösung von wichtigen Aufgaben der wirtschaftlichen Verwaltung ohne Schwierigkeiten möglich sein“ – ein erstes Konzept für die Sozialpartnerschaft.

Ziel der AK war und ist es, bessere Rechte für ArbeitnehmerInnen durchzusetzen und so für mehr Gerechtigkeit in Österreich zu sorgen. „Die AK setzt sich seit 100 Jahren für Gerechtigkeit ein und wird das auch in 100 Jahren noch tun“, sagt AK Präsidentin Renate Anderl.

Umfrage zeigt: Österreich braucht einen Gerechtigkeits-Schub 

Im Jänner 2020 hat IFES 2.000 Personen in Österreich zum Thema „So gerecht ist Österreich“ befragt. Die Ergebnisse sind repräsentativ.

Die Umfrage zeigt: Österreich wird als ein relativ gerechtes Land empfunden. 7 Prozent empfinden Österreich als sehr gerecht, 34 Prozent als gerecht, 41 Prozent antworten teils, teils. 11 Prozent sagen Österreich ist ungerecht, 4 Prozent empfinden es als sehr ungerechtes Land. 

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© Ifes

Allerdings werden auch zahlreiche große Ungerechtigkeiten aufgezeigt:

  • 46 Prozent finden es (sehr) ungerecht, wer wie viele Steuern bezahlt. Nur 17 Prozent finden unser Steuersystem (sehr) gerecht.
  • Ebenfalls 46 Prozent sagen, es ist (sehr) ungerecht, wer wie viel Vermögen in Österreich besitzt. (Sehr) gerecht finden die Vermögensverteilung 19 Prozent.
  • Als große Ungerechtigkeiten empfunden werden auch „Wer wichtige Posten und Jobs bekommt“ sowie „Wer den Klimawandel verursacht und wer seine Folgen zu spüren bekommt“.
  • Als besonders ungerecht empfunden werden der Zugang und die Preise für Wohnraum. 54 Prozent orten hier (sehr) hohe Ungerechtigkeit.
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5 Punkte Programm für mehr Gerechtigkeit beim Wohnen

„Die Umfrage zeigt klar, Wohnen ist in ganz Österreich ein Problem. Beim Wohnen sehen viele Menschen große Ungerechtigkeiten: alle Vorteile bei den Vermietern und alle Nachteile bei den MieterInnen. Das muss sich ändern“, sagt Günther Goach, Vize-Präsident der Bundesarbeitskammer und Präsident der AK Kärnten. „Leistbares Wohnen gehört zu den Grundbedürfnissen von Menschen. Die Bundesregierung muss hier dringend handeln und mit einem entlastenden Mietrechtsgesetz gegensteuern“, fordert der AK-Kärnten-Präsident.  

Eine AK Analyse der Mikrozensuszahlen der Statistik Austria zeigt:

  • Die Hauptmietzinse bei privaten Neuvermietungen sind von 2008 bis 2018 österreichweit um 39 Prozent angestiegen.
  • Bei bestehenden Mietverträgen ist knapp jeder zweite Mietvertrag befristet.
  • Befristet wohnen heißt Verlust der vertrauten Lebensumgebung und wieder Kosten für Umzug und Makler.
  • Früher galt als Faustregel: bis zu 25 Prozent des Einkommens wird für Wohnen ausgegeben. Heute liegen die Kosten schon zwischen 30 und 40 Prozent.

AK 5 Punkte Programm für mehr Gerechtigkeit beim Wohnen

  • Neues Mietrecht mit Mietzinsobergrenzen und klaren Zu- und Abschlägen.
  • Abschaffen der befristeten Mietverträge – außer bei Eigenbedarf der VermieterInnen.
  • Keine Maklergebühren für MieterInnen: Im Regierungsprogramm gibt es beim Aus für Maklergebühren eine Absichtserklärung – sie bezieht sich aber nur auf MieterInnen und nicht auf WohnungskäuferInnen.
  • Gegen Mietwucher: Vermieter sollen bei gesetzeswidrigen Mietzins das Doppelte zurückzahlen.
  • Wohnbonus, mit dem 10 Prozent der Wohnkosten, maximal 500 Euro, von der Steuer abgesetzt werden können. Bei niedrigen Einkommen wird der Wohnbonus als Steuergutschrift ausbezahlt, ab 90.000 Euro Jahreseinkommen gibt es keinen Wohnbonus.

Ungerechtigkeiten im Berufsleben 

Erfahrung mit Ungerechtigkeit vom Arbeitgeber hat die Mehrheit der Befragten schon gehabt. Besonders betroffen ist die Altersgruppe zwischen 30 und 60 Jahren.

„Das sehen wir auch in unseren Beratungen und hören wir, wenn wir in Betrieben unterwegs sind“, sagt AK Kärnten Präsident Günther Goach. „Umso wichtiger ist es, dass es mit der AK eine Anlaufstelle für alle gibt, die Ungerechtigkeit erfahren.“ Im Jahr führt die AK 2 Millionen Beratungen durch und holt für ihre Mitglieder mehr als 500 Millionen Euro heraus. 

Die Umfrage zeigt auch: Der Druck in der Arbeitswelt ist enorm hoch. 89 Prozent (!) stimmen der Aussage zu, dass der Druck in der Arbeitswelt immer größer wird.

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„Dieses Ergebnis ist alarmierend: Knapp 90 Prozent sagen, der Druck in der Arbeitswelt wird immer größer – das muss für alle ein Warnsignal sein“, sagt AK Präsidentin Renate Anderl. Der steigende Druck hängt unter anderem mit überlangen und belastend gestalteten Arbeitszeiten, der Verdichtung der Arbeit und dem Verschwimmen von Arbeit und Freizeit zusammen. All das ist dafür verantwortlich, dass die Menschen krank werden und lange vor dem gesetzlichen Pensionsalter ihre Berufe nicht mehr ausüben können.

AK Forderungen für mehr Gerechtigkeit bei den Arbeitszeiten

  • seriöse Diskussion über Arbeitszeitverkürzung, denn der Druck in der Arbeitswelt steigt ständig – ebenso wie die Produktivität der ArbeitnehmerInnen
  • Rechtsanspruch auf eine Verteilung dieser verkürzten Arbeitszeit auf 4 Tage pro Woche (als Option ausgestattet mit einem Rückkehrrecht auf eine 5 Tage Woche). Das wäre ein wesentlicher Beitrag zu mehr Mitbestimmung bei der Arbeitszeit und Souveränität der ArbeitnehmerInnen.
  • leichtere Erreichbarkeit der 6. Urlaubswoche als erster Schritt zu Arbeitszeitverkürzung: Sie ist bereits seit mehr als 40 Jahren im Urlaubsgesetz verankert, aber die technische Regelung ist altmodisch geworden. Verglichen mit anderen Beschäftigten in der EU arbeiten die ArbeitnehmerInnen in Österreich sowieso viel mehr Stunden als zum Beispiel in Deutschland Schweden und Dänemark.
  • klare Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit
  • mehr Personal für das Arbeitsinspektorat
  • Kontrollen verschärfen – derzeit wird erst ab der 14. Stunde überhaupt gestraft, diese Praxis muss aufhören.

Alle müssen die Party zahlen – nicht nur die, die arbeiten 

„Viele Befragte teilen die Meinung der Arbeiterkammer und finden das Steuersystem in Österreich sehr ungerecht, während sie Vermögenssteuern gerecht fänden. Hier muss also etwas passieren“, sagt AK Präsidentin Renate Anderl. „Hören wir auf damit, uns ständig zu fürchten: Reden wir über Modelle zur Besteuerung großer Vermögen. Reden wir darüber, dass auch Millionäre ihren Beitrag leisten müssen.“ 

Die große Mehrheit sagt, dass sich Reiche durchsetzen können, nur drei (!) Prozent finden es sehr gerecht, wer wieviel Steuern zahlt. „Die AK macht sich daher für ein gerechteres Steuersystem stark. Alle müssen die Party zahlen, nicht nur die, die arbeiten“, sagt AK Präsidentin Renate Anderl. „Es geht dabei einerseits um Gerechtigkeit, es geht aber auch um die Finanzierung wichtiger sozialstaatlicher Leistungen und um große Fragen wie die Zukunft der Pflege oder die sozial gerechte Bewältigung der Klimakrise.  

Es gibt eine krasse Schieflage bei den Vermögen:

  • Die reichsten 10 Prozent der Bevölkerung haben mehr Vermögen als alle anderen zusammen.
  • Die Hälfte der Menschen in Österreich hat so gut wie gar kein privates Vermögen. Meist haben sie – wenn überhaupt – nur ein Auto und ein kleines Sparbuch.
  • Das Vermögen der breiten Mitte ist der Sozialstaat mit öffentlichen Schulen, Krankenhäusern, Wohnbauten, Verkehrsmitteln.
  • Das reichste 1 Prozent erbt im Durchschnitt über 3 Millionen Euro – steuerfrei.
  • Normalverdiener erben oft gar nichts, der Durchschnitt liegt hier bei 120.000 Euro.
  • ArbeitnehmerInnen und KonsumentInnen zahlen 8 von 10 Steuereuros. 

Kaum ein Industrieland hat so wenig Vermögenssteuern wie Österreich. Österreich liegt hier im OECD-Vergleich an drittletzter Stelle. Hätte Österreich Vermögenssteuern im OECD-Schnitt, würde das 6 Milliarden. Euro pro Jahr ins Budget spülen. Das ist so viel wie die öffentliche Hand für alle Kindergärten und Volksschulen ausgibt.

Reiche nutzen Steuerschlupflöcher: Das ist nicht immer illegal, aber immer unfair gegenüber jenen, die mit ihren Steuern den Sozialstaat finanzieren.