AK Präsident Zangerl: "Bundespolitik soll Probleme lösen, nicht kaschieren!"
Einen Wechsel vom Krisen- in den Gestaltungsmodus fordert AK Präsident Erwin Zangerl im Interview von der Bundespolitik. Ebenso plädierte für mehr Regionalität beim Einkauf und dass Rahmenbedingungen geschaffen werden, um wieder stärker regional denken zu können. „Denn regional zu kaufen, stärkt die Unternehmen vor Ort und sichert Arbeitsplätze und den Sozialstaat bis hin zu den Pensionen“, so Zangerl.Herr Präsident, das vergangene Jahr war erneut ein herausforderndes Jahr für die Beschäftigten. Wird 2025 endlich ein Jahr, um ein wenig durchatmen zu können?
AK Präsident Erwin Zangerl: Das kommt darauf an, ob wir in Österreich aus dem Krisenmodus endlich in den Gestaltungsmodus umschalten können. Im Moment hat man eher das Gefühl, dass die Krisen der letzten Jahre weiter verwaltet werden und man sich bundespolitisch von einem Monat zum nächsten quält, ohne einen wirklichen Schritt nach vorne zu machen. Die Probleme werden kaschiert und nicht effektiv gelöst.
Worauf beziehen Sie sich konkret?
Etwa auf die Teuerung. Wir warnen seit Beginn der Teuerungswelle Ende 2021, dass es mutige Schritte brauchen würde, um der Teuerung entgegenzuwirken, die sind aber ausgeblieben. Das zieht immer weitere Kreise.
Aber die Inflation ist deutlich zurückgegangen…
Das meinte ich vorher mit „Probleme kaschieren“: Ja, die Inflation ist gesunken, aber das, was die Menschen tagtäglich zum Leben brauchen, wird nicht billiger, sondern bleibt teuer. Wir brauchen uns nur den Mikrowarenkorb anzusehen, der den täglichen Einkauf widerspiegelt und der überwiegend Nahrungsmittel enthält – der Preis für diesen Warenkorb stieg etwa im Vergleich zum Vorjahr um 5,3 Prozent. Die Teuerung bei den relevanten Produkten ist gekommen, um zu bleiben, und sie wird ohne Gegenmaßnahmen in kürzester Zeit weiter anziehen. Denn die Energiepreise, die derzeit die Inflation dämpfen, werden schon im Jänner 2025 wieder steigen, wenn die Bundesregierung nicht rasch Maßnahmen setzt (siehe dazu auch Seite 4). Das wird auch die Inflationsspirale wieder in Gang setzen. Große Teile der Wirtschaft wie Restaurants und der Handel – bei denen der Preisanstieg zum Vorjahr teils beachtlich ist – zeigen deshalb wenig Interesse, ihre Preise zu senken. Die Teuerung ist nach wie vor da und erschwert den Menschen, dass sie regionale Produkte kaufen, und gerade das wäre sehr wichtig.
Aus welchem Grund?
Regional zu kaufen, heißt die heimischen Händler und Unternehmen zu stützen, und es heißt, für Arbeitsplätze zu sorgen. Und damit fließen Sozialabgaben, die den Sozialstaat sichern bis hin zur Sicherung der Pensionen. Wir müssen vielmehr Augenmerk darauf legen, die heimische Kreislaufwirtschaft zu unterstützen, denn jeder Anreiz, im heimischen Handel einzukaufen, hilft mit, Betriebe und den Standort zu sichern. Deshalb müssten wir auch für entsprechende Rahmenbedingungen sorgen. Und dabei ist es zusätzlich ärgerlich, dass es die Bundesregierung seit Jahrzehnten nicht schafft, das Preisgefälle zwischen Österreich und den angrenzenden Nachbarländern in den Griff zu bekommen. Ich verstehe, wenn die Menschen, die jeden Euro dreimal umdrehen müssen, zu billigeren Produkten greifen oder im grenznahen Ausland einkaufen, weil ihnen nichts anderes übrigbleibt. Ich verstehe aber nicht, warum man das Problem nicht endlich an der Wurzel packt und es damit den Leuten ermöglicht, stärker regional zu denken. Denn das stützt letzlich uns alle.
Aber welche Hebel sollten da bewegt werden?
Die zuständigen Bundesministerien müssen endlich eine unabhängige und schlagkräftige Anti-Teuerungskommission sowie eine effektive und umfassende Preistransparenzdatenbank schaffen. Weiters soll zur Sicherstellung volkswirtschaftlich gerechtfertigter Preise und für die Anordnung eines Preisstopps beim Preisgesetz nachgebessert werden, etwa durch Einführung einer Nachweispflicht der Gründe, wenn Preise bei Produkten des täglichen Bedarfs massiv steigen. Und wenn sich Unternehmen nicht daran halten, ist von einer amtlichen Preisregelung zur Festsetzung angemessener Preise Gebrauch zu machen. Es müssen auch effektive gesetzliche Bestimmungen gegen unfairen Wettbewerb geschaffen werden, mit dem Ziel, für mehr Transparenz zu sorgen – und es müssen Verstöße dagegen auch wirksam bekämpft werden. In diesem Zug muss man auch auf europäischer Ebene dafür sorgen, dass die Länderaufschläge, die internationale Konzerne verrechnen, abgeschafft werden. Für all das hätte man bereits viel Zeit gehabt.
Was wären Ihre Wünsche für das kommende Jahr?
Dass der Wirtschaftsstandort Österreich wieder in die Gänge kommt und wir eine stabile Bundesregierung erhalten, die in der Lage ist, die anstehenden Probleme zu lösen. Außerdem sollen sich alle Entscheidungsträger bewusst sein, dass es demokratische Spielregeln gibt, die einzuhalten sind, und dass die Krisenbewältigung nicht ständig auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfolgen kann. Was wir brauchen, ist Mut und Optimismus. Wir dürfen uns von der derzeit schwierigen Wirtschaftslage nicht erdrücken lassen, sondern müssen es als Chance verstehen, um endlich notwendige Reformen einzuleiten.
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