
AK Zangerl: "Die Profit-Preisspirale muss schnellstens beendet werden"
Aufgrund des Gutachtens der AK zu den Erhöhungen der Strompreise scheinen bei einigen Unternehmens-Chefs die Nerven blank zu liegen. Die AK wird in Misskredit gebracht und bei den Beschäftigten wird massiv Druck gemacht. Für AK Präsident Erwin Zangerl ein Zeichen, dass bei den Energieunternehmen einiges im Argen liegt. Mehr dazu lesen Sie im Interview.
Herr Präsident, Sie haben klar gemacht, dass die Energiepreise dringend gesenkt werden müssen. Wo liegt das Problem?
AK Präsident Erwin Zangerl: Die Inflation in Österreich liegt weit über dem EU-Schnitt, für Tirol dürfte aufgrund der schon vor der Ukraine-Krise teuren Lebenshaltungskosten und niedrigen Lohnstruktur die Inflation sogar deutlich über den aktuell 11,2 Prozent liegen. Und Preistreiber dabei sind nach wie vor die Energiekosten: So stiegen die Kosten bei Gas um 105,1 Prozent*, bei Fernwärme waren es 103 Prozent, Strom wurde um 19 Prozent teurer, auch die Wohnungsmieten erhöhten sich um 6,4 Prozent. Das ist ein deutliches Signal, dass die Energiepreise runter müssen, da sie nicht nur Inflationstreiber sind, sondern auch das Leben extrem verteuern. Wenn Grundnahrungsmittel wie Brot um 17 Prozent teurer werden, Fleisch um 19 Prozent, Milch, Käse und Eier sogar um 25 Prozent und Butter um sagenhafte 32 Prozent, dann kann man sich ausrechnen, dass viele – vor allem Familien – sich das Leben nicht mehr leisten können. Das Problem ist, dass die gesunkenen Energiepreise nicht an die Verbraucher weitergegeben und die Preise künstlich oben gehalten werden. Es scheint, dass jeder mittlerweile den Ukraine-Krieg als Rechtfertigung für Preissteigerungen anführt.
Das heißt, dass im Zuge der Ukraine-Krise Kriegsgewinne gemacht werden?
Ja, und diese profitgetriebenen Preiserhöhungen verstärken die Teuerung, rund drei Viertel dieser hausgemachten Teuerung sind auf steigende Gewinnmargen zurückzuführen. Gerade im Energiesektor erhöhen die Unternehmen völlig intransparent die Preise, das steigert zwar die Gewinne, aber befeuert auch die Teuerung. Wenn wir diese Profit-Preisspirale nicht schnellstens beenden, könnte das Spiel mit der hohen Inflation zu einem Bumerang werden. Sie könnte sich aufgrund der Profitgier verselbständigen und über Monate – wenn nicht Jahre – hoch bleiben, mit allen Folgen.
Sie haben aufgrund der hohen Strompreise auch mit rechtlichen Schritten gedroht…
Unser Gutachten zu den Strompreiserhöhungen war nur der Anfang. Wenn es mit Gesprächen nicht funktioniert, muss die Gangart eben verschärft werden, um die notwendige Transparenz und die Einhaltung bzw. Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen im Sinne der Bürgerinnen und Bürger durchzusetzen. Das gilt übrigens auch für alle anderen Energieformen bzw. -anbieter. Auch hier werden wir Druck machen, dass endlich Transparenz und klare Regeln Einzug halten.
Befürchten Sie keine Konsequenzen für die Energieunternehmen?
Doch, und zwar dass sie endlich mit offenen Karten spielen müssen. Dann wird man endlich sehen, wer wie wirtschaftet. Doch das passt offensichtlich einigen Unternehmens-Chefs nicht. Deshalb wird die AK auch in Misskredit gebracht und bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der jeweiligen Energie-Unternehmen wird der Eindruck erweckt, dass das Unternehmen jetzt Pleite geht, nur weil es sich an geltendes Recht halten muss. Das ist letztklassig: Nicht die Beschäftigten, die täglich dafür sorgen, dass Energie geliefert wird, sind gefährdet, sondern die Vorstände und Geschäftsführer, die derartige Praktiken an den Tag legen – es gilt die Unschuldsvermutung. Scheinbar sind aber einige sehr in Sorge, dass die Art und Weise, wie in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten gewirtschaftet wurde, ans Licht kommen könnte. Nachdem aber der Großteil der Energieunternehmen in öffentlicher Hand steht, könnten die politisch Verantwortlichen das auch als Chance sehen, um so etwas Grundlegendes wie die Energieversorgung nicht einem für den Großteil der Menschen undurchsichtigen freien Markt zu überlassen.
Auf europäischer Ebene hat die EU nun Ihren Vorschlag einer neuen Strommarkt-Reform vorgeschlagen. Entspricht das Ihren Vorstellungen?
Von der groß angekündigten Reform ist nichts übriggeblieben, die Energielobby hat sich hier einmal mehr durchgesetzt. Das Merit-Order-System, also das Gas, bestimmt weiterhin den Strompreis und ich wundere mich, dass hier nicht von Seiten der Wirtschaft ein Aufschrei kommt. Trotz der gesunkenen Energiepreise sind Gas und Strom im Großhandel immer noch teuer, die Preise haben sich völlig von den Herstellungskosten entkoppelt. Und das ist nicht nur ein enormer Schaden für den Normal-Verbraucher, sondern auch für die gesamte Wirtschaft. Ich warne noch einmal davor: Die Gewinnorientierung – sprich Abzockerei – wird uns brutal auf den Kopf fallen, wenn hier nicht massiv gegengesteuert wird.
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