AK Präsident Erwin Zangerl
© AK Tirol/Friedle
23.2.2023

Zangerl: "Tirols Beschäftigte müssen dringend entlastet werden!"

AK Präsident Erwin Zangerl fordert für Tirols Beschäftigte ein Entlastungspaket in zweistelliger Millionenhöhe. Zangerl: „Viele Menschen brauchen rasch Hilfe. Und deshalb müssen wir handeln!“ Im Interview fordert er ein Umdenken beim Thema Energie (mehr dazu unten).

Die Wohn- und Lebenshaltungskosten in Tirol zählen österreichweit zu den höchsten, gleichzeitig explodieren auch die Energiepreise. Alle Tiroler Anbieter erhöhen mit dem Hinweis auf die „Marktgegebenheiten“ ihre Preise saftig, ab Juni auch der Landesenergieversorger TIWAG. „Egal was sich auf dem internationalen Energiesektor auch abspielen mag, unsere erste Aufgabe muss sein, den Menschen das Wohnen, Heizen und Essen zu ermöglichen. Und wenn wir der derzeitigen Entwicklung nicht Einhalt gebieten, wird die Corona-Pandemie nur der Auftakt zu einer größeren Seuche gewesen sein, nämlich der Verarmung von weiten Teilen unserer Gesellschaft“,  stellt AK Präsident Erwin Zangerl klar.

Denn der Großteil könne keine Preissteigerungen um teilweise bis zu 340 Prozent, etwa bei Strom, bewältigen, viele hätten sich das Geld, das sie zur Verfügung haben, ohnehin genau bis Monatsende eingeteilt: „Jede Preissteigerung führt bei zehntausenden Haushalten zu massiven Problemen, deshalb braucht es rasch ein zusätzliches Entlastungspaket“, sagt Zangerl. Die Strompreisbremse allein reiche nicht mehr aus, so der Tiroler AK Präsident, der vom Bund erneut einen Energiepreisdeckel fordert. „Es gibt in allen Bereichen massive Steigerungen, nicht nur beim Strom, auch bei Gas, Fernwärme, Pellets, Heizöl und Brennholz. Hier werden Geschäfte und unanständige Gewinne auf dem Rücken der Allgemeinheit gemacht“, sagt Zangerl und kritisiert, dass Übergewinne, wenn überhaupt, nur zaghaft abgeschöpft werden, und dass der Bund eine Mietpreisbremse sowie eine Gaspreisbremse für Private ablehnt.

Soziale Verwerfung

Um allerdings einen „sozialen Klimawandel“ zu verhindern, müsse massiv gegengesteuert werden. „Zu Corona-Zeiten hieß es ‚koste es, was es wolle‘. Jetzt, wo es an allen Ecken und Enden in Österreichs Haushalten brennt, weil die Belastungen fast schon monatlich steigen, wird es Zeit, diese ‚Energie-Pandemie‘ endlich zu managen“, fordert Zangerl. Für Tirol hat der AK Präsident deshalb einen Anti-Teuerungs-Fonds in zweistelliger Millionenhöhe ins Spiel gebracht, der gemeinsam mit Land Tirol, den Energieversorgern sowie den gemeinnützigen Bauträgern die Härten abfedern soll.

„Der Fonds soll finanziell ordentlich ausgestattet sein. Es sind die Einkommensgrenzen zu berücksichtigen und zu erhöhen, ebenso müssen Familiengröße und außer-gewöhnliche finanzielle Belas-tungen beachtet werden“, erklärt Zangerl. Tirols Landeshauptmann Anton Mattle ist ein Befürworter des Fonds, der über die gestiegenen Energie-, Wohn- und Betriebskosten sowie außergewöhnlichen Belastungen hinweghelfen soll. So soll es schnelle und unbürokratische Hilfe aus dem Anti-Teuerungs-Fonds geben, während der Energiekostenzuschuss überarbeitet wird, um mehr Menschen zu erreichen.


offen gesagt

„Jetzt wäre der richtige

Moment, seine Energiepolitik zu ändern und die Karten auf den Tisch zu legen."

Erwin Zangerl
AK Präsident

AK PRÄSIDENT ERWIN ZANGERL IM INTERVIEW

Zangerl: „Sehe keine nachhaltigen Konzepte bei Energiekrise!“

Herr Präsident, man hat das Gefühl, dass in die Bekämpfung der Energiekrise viel Geld investiert wird. Trotzdem wird die Belastung für die Haushalte immer größer.
Zangerl: Die Energiekrise hat viele Ursachen, das beginnt schon damit, dass man sich quasi von einem Lieferanten abhängig gemacht hat. Letztendlich legt diese Krise die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte in der Energie- und Wirtschaftspolitik offen. Die Bürgerinnen und Bürger sind dafür zwar nicht verantwortlich, müssen nun aber die Zeche dafür zahlen. Sie sind nun Opfer eines völlig aus den Fugen geratenen freien Marktes, der unreguliert, anlegergetrieben und auf Dividende ausgerichtet ist. Gerade im Energiesektor eine Katastrophe, denn eigentlich  ist es ein Grundrecht, dass man seine Wohnung heizen kann. Mit einem Energiegutschein  als Einmalhilfe kommt man da nicht weit.

Aber die Strompreisbremse sollte doch die größten Härten abfedern?
Zangerl: Sie tut, was sie kann. Unser Problem ist allerdings, dass das alles keine nachhaltigen Maßnahmen sind. Nehmen wir das Beispiel Corona, wo in den letzten drei Jahren 47 Milliarden an Unterstützungen geflossen sind, bei den Teuerungshilfen vergangenes Jahr waren es 5,7 Milliarden. Das sind ungeheure Summen, die großteils ziellos vergeben wurden. Sieht man sich den nachhaltigen Nutzen an, sieht das alles andere als rosig aus: Wir haben eine enorme Inflation, die weit über dem EU-Schnitt liegt. Sie ist doppelt so hoch wie in Spanien und viermal so hoch wie in der Schweiz. Und die Energiepreise für den einzelnen Haushalt steigen weiter. Dabei hat Österreich einen riesigen Anteil an erneuerbaren Energiequellen. Auch in Tirol steigen die Preise, auch hier rühmen sich viele Anbieter ihrer grünen Energie. In Wirklichkeit schielen alle auf den „freien“ europäischen Markt, der ihnen Gewinne verspricht. Gewinne, die eben die Kunden bezahlen müssen.

Wo liegen Ihrer Ansicht nach die größten Probleme?
Zangerl: Auch wenn es einige nicht hören wollen: Ohne neue Ansätze in der Energiepolitik wird es nicht gehen. Die Energiewende wird in Österreich doch ad absurdum geführt, weil der Ausbau von erneuerbarer Energie seit Jahren stagniert und wenn man sich – selbst wenn man auf erneuerbaren Quellen sitzt – am teuersten Gaskraftwerk Europas orientieren muss. Es muss auch Schluss damit sein, dass man sagt, Strom hat kein Mascherl. Es gehört klar ausgewiesen, aus welcher Quelle der Strom kommt und auch dementsprechend abgerechnet. Es braucht dazu aber den politischen Willen. Spanien hat eine Gaspreisbremse und eine Mietpreisbremse eingeführt und man sieht, die Inflation wurde eingedämmt, was nicht verwunderlich ist. Schließlich treiben die Energiepreise die Inflation und das ganze wird zu einem Teufelskreis, wie bei uns. Überzogene Energiepreise jagen die Produktions- und Transportkosten nach oben und treiben die Preise weiter. Hier helfen undifferenziert ausgeschüttete Milliardenbeträge nicht, im Gegenteil, sie treiben die Teuerung weiter an.

Könnte man dem überhaupt begegnen?
Zangerl: Sicherlich, wir haben dem Bund eine allgemeine Energiepreisbremse vorgeschlagen, nicht nur auf Strom und Gas, wir haben schon vor der Ukrainekrise eine Mietpreisbremse vorgeschlagen, wir haben vorgeschlagen, die Hilfen zielgerichtet anzuwenden und wir müssen jetzt, um den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu helfen, in Tirol einen Anti-Teuerungs-Fonds ins Leben rufen, weil zehntausenden Haushalten das Geld fehlt, um die teilweise eklatanten Preissteigerungen bewältigen zu können. Jetzt wäre der richtige Moment, seine Energiepolitik zu ändern und die Karten auf den Tisch zu legen, wo man wirklich steht und was man will. Es ist absurd, dass Konzerne enorme Gewinne machen und wir mit Samthandschuhen danach greifen. Und seien wir uns ehrlich: Hat jemand von einem Plan gehört, wie die Energiepreise nächstes Jahr aussehen sollen? Ob die jetzt schon gesunkenen Preise wie bei Öl oder Gas irgendwann wieder an die Kunden weitergegeben werden? Ich nicht. Aber wenn wir diesen Kurs nicht schnellstens korrigieren, wird die Abzocke weitergehen, das ist das Einzige, das feststeht.

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