Was Signa die Politik jetzt lehren sollte
Nicht erst der tiefe Fall dieses Imperiums zeigt, dass der Intransparenz bei derartigen Konstrukten endlich ein Riegel vorgeschoben werden muss.
Es sind nicht weniger als 46 DIN-A3-Seiten notwendig, um das Firmengeflecht der Signa Holding GmbH darzustellen. Über 1.000 Gesellschaften im In- und Ausland wurden vom Masseverwalter erfasst, die größte Wirtschaftspleite Öster-reichs hinterlässt einen Schuldenberg von unfassbaren 30 Milliarden Euro und tausende vernichtete Arbeitsplätze. Doch das System Signa ist kein Einzelfall und findet auch in Tirol Nachahmer, wenn auch – noch – in kleinerem Ausmaß. Trotz allem sind die Summen, die dabei bewegt werden, beachtlich, die negativen Folgen sind, dass die Grundstücks- und Immobilienpreise weiter angeheizt werden.
Anfang September 2022 wurde ein knapp 8.000 m2 großes Mischgebiet mit mehreren Grundstücken im Inns-brucker Stadtteil Amras an die „Amraser-See-Straße Entwicklungs- und Beteiligungs GmbH“ verkauft. Der Preis: 9,4 Millionen Euro. Nur drei Wochen nach dem Kauf wurde dasselbe Grundstück weiterverkauft: an die „Amraser-See-Straße Immobilien GmbH & CoKG“, diesmal zu einem Preis von 22,25 Millionen Euro.
Was steckt dahinter, dass innerhalb kürzester Zeit der Quadratmeterpreis eines Grundstücks von 1.175 Euro pro m2 auf satte 2.780 Euro pro m2 gestiegen ist? Angesichts der Signa-Pleite dürfte es sich lohnen, genau hinzusehen, denn hinter diesem Deal steckt erneut eine komplexe Konzernstruktur mit verschachtelten Unternehmen, die wiederum bei zumindest 126 weiteren Gesellschaften beteiligt sind. Und es liegt der Verdacht nahe, dass auch das von Signa bekannte System, Immobilien und Grundstücke überzubewerten, um (Bank-)Kredite zu erhalten, hier Anwendung gefunden hat.
Nachdem seit Dezember 2023 immer mehr Details zur Signa-Pleite bekannt geworden sind, lassen sich im Fall des Grundstückdeals in Amras weitere Parallelen zur Signa befürchten. Denn sowohl die „Amraser-See-Straße Entwicklungs- und Beteiligungs GmbH“ als auch die „Amraser-See-Straße Immobilien GmbH & CoKG“, die bei dem Grundstücksdeal in Innsbruck beteiligt sind, sind Teil einer komplexen Konzernstruktur. Hinter diesem Konstrukt stehen zwei Muttergesellschaften, wobei vor allem eine davon aufgrund ihrer Struktur aus vielen Klein- und Kleinst-GmbH nur sehr eingeschränkten Veröffentlichungspflichten unterliegt. Eine genaue Analyse der wirtschaftlichen Situation des Konzerns wird dadurch erschwert, Gewinn- und Verlustrechnungen der einzelnen Gesellschaften werden nicht veröffentlicht.
„Es gibt seitens des Gesetzgebers großen Nachholbedarf in Bezug auf Prüfungspflichten, Pflichten zur Erstellung von Abschlüssen oder Konsequenzen bei Verletzung der Offenlegungspflichten“, kritisiert AK Präsident Erwin Zangerl. Die AK Tirol hat diesbezüglich auch das zuständige Finanzministerium aufgefordert, hier Abhilfe zu schaffen. „Derartige Methoden beeinflussen das Wohnen massiv, denn die extrem hoch angesetzten Grundstückswerte werden mit hohen Mieteinnahmen gerechtfertigt, wie beim System Benko. Die zuständigen Behörden sollten jedenfalls ihr Augenmerk darauf richten, bevor die nächste Pleite die Steuerzahler Milliarden kostet“, so Zangerl.
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