AK Präsident Zangerl sitzend im Gespräch.
© AK Tirol/ Angelo Lair
19.3.2025

AK Präsident Zangerl: "Programm der Regierung hat Potenzial"

Das Programm der schwarz-rot-pinken Regierung enthält zahlreiche Punkte, die von der AK begrüßt werden. Allerdings gibt es auch Bereiche, die ob ihrer Effizienz zu hinterfragen sind bzw. völlig abgelehnt werden, wie AK Präsident Erwin Zangerl im Interview mit der Tiroler Arbeiterzeitung (TAZ) darstellt.

TAZ: Herr Präsident, nach langem Warten hat eine neue Bundesregierung ihre Arbeit aufgenommen. Wie beurteilen Sie das vorgelegte Programm?
Erwin Zangerl: Als durchaus ambitioniert, auch wenn viele Absichtserklärungen bzw. Überschriften enthalten sind. Natürlich stechen einige Dinge gleich ins Auge, wie Maßnahmen, um die Wohnkosten einzudämmen oder  die Absicht, in einigen Bereichen einen sozialen Ausgleich herbeizuführen. Auf der einen Seite wird allerdings die schleichende Steuererhöhung namens kalter Progression zum Teil wieder eingeführt. Das ist eine Enwicklung, die natürlich nicht zu begrüßen ist, da die AK jahrelang gegen diese versteckte Steuer angekämpft hat. Wir konnten mit der  Regelung, dass 1/3 der kalten Progression an den Bund fließt, der beteuert hat, dass dieses Geld den Lohnsteuerzahlern zugutekommt, gut leben. Jetzt fließt dieses Geld aber in die Bekämpfung des Finanzlochs, in Summe wird das die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer pro Jahr an die 360 Millionen Euro kos­ten, also kein Grund zur Freude, was das anbelangt.  


offen gesagt

"Populismus kann keine Antworten auf drängende Probleme geben. Weder in Österreich, noch sonst wo."

Erwin Zangerl,
AK Präsident

Gibt es weitere Punkte, bei denen es ein klares „Nein“ der Arbeiterkammer gibt?

Nicht viele, es gibt aber doch einige Punkte, die zu hinterfragen sind, auch, weil ihre Effekte fragwürdig erscheinen. Die meisten klaren Nein unsererseits betreffen das Thema Steuer. Wir sprechen uns etwa klar gegen die Aushöhlung der kalten Progression aus, auch eine Nachvalorisierung der Bundesgebühren widerspricht aus unserer Sicht dem Ziel der Inflationsbekämpfung. Zudem lehnen wir eine Kollektivvertrags-Verpflichtung für geringfügig Beschäftigte ab sowie die Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrags für Pensionist:innen von 5,1 auf 6 Prozent. Nicht nur, dass das auf eine Kürzung der Nettopensionen über alle Einkommenshöhen hinausläuft, ist das auch eine Abweichung vom Grundsatz, dass alle Versicherten die gleichen Beiträge für die Krankenversicherung leisten sollen, was einem Dammbruch gleichkäme. Auch lehnen wir diesbezüglich die Erhöhung des vorzeitigen Pensionsantrittsalters ab, weil dies zu Sparmaßnahmen zu Lasten der unselbständig Beschäftigten führen wird. Ein weiteres Nein kommt von uns zur Anhebung des Gewinnfreibetrags, da dies eine ungerechtfertigte Steuerreduktion für Selbständige darstellt und natürlich sind wir nach wie vor gegen die Senkung der Lohnnebenkosten, was ebenfalls im Programm wieder auftaucht.

Sie treten auch für eine Verbesserung des Pflegesystems und des Gesundheitswesens ein. Was ist hier zu erwarten?
Ein wesentlicher Fortschritt ist sicher, dass der Punkt Schwerarbeit in Bezug auf die Pension überarbeitet wird und Pflegeberufe in die Schwerarbeitspensionsregelung aufgenommen werden. Das ist eine unserer langjährigen Forderungen, die offensichtlich umgesetzt wird (siehe Seite 7). An und für sich gibt es einige vielversprechende Ansätze, wie etwa das Vorhaben, das System der ÖGK zu evaluieren, hier herrscht seit der Reform ja totales Chaos. Aber, wie gesagt: Wir messen die Regierung an dem, was sie auch tatsächlich umsetzt, nicht an ihren Absichtserklärungen.

Was erwarten Sie sich in Bezug auf die Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern?
Ich gehe davon aus, dass sich die Zusammenarbeit wieder verbessern wird und dass die permanenten Angriffe auf die Interessenvertretungen ein Ende finden. Ich hoffe auch, dass einige zur Besinnung gekommen sind, was eine Abschaffung der Kammern bedeutet hätte. Man muss ganz klar sagen, dass Populismus keine Anworten auf drängende Probleme geben kann. Das hat in Österreich nicht funktioniert und es funktioniert auch international nicht, wie wir in England gesehen haben bzw. derzeit in den USA miterleben müssen. Den Menschen muss eines klar sein: Letztlich zahlen immer die Schwächeren die Zeche und der Großteil der Bevölkerung leidet unter der Egomanie einiger weniger. Der Weg zurück zur Normalität ist dann immer ein steiniger und mit gebrochenen Versprechen gepflastert. Österreich hatte bereits mit einem Bein diese Grenze überschritten. Jetzt muss es um klare und transparente Sachpolitik gehen sowie um Solidarität und den gerechten Ausgleich. Die Sozialpartner haben immer eine wichtige Rolle dabei gespielt und werden auch jetzt einen wichtigen Beitrag dazu leisten.

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