Frau beim Einkaufen © Jürgen Fälchle, stock.adobe.com
© Jürgen Fälchle, stock.adobe.com

Teuerung: Warum in Österreich wieder einmal alles anders ist ...

82 Milliarden Euro hat die österreichische Bundesregierung in Summe bisher für Corona- und Anti-Teuerungshilfen ausgegeben – 20 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung Österreichs. Die Inflation stieg so enorm an und wurde nur zaghaft und mit den falschen Mitteln bekämpft. Die Folgen sind nun dramatisch.

Vieles läuft schief in Österreich, wenn es um die Bekämpfung von Teuerung und Inflation geht. Zwar wurden auch in Österreich der Inflation Zügel angelegt, allerdings nicht um sie einzufangen wie in anderen europäischen Staaten, sondern um sie richtig davongaloppieren zu lassen. Nun liegt Österreich mit einer Inflation, die um die 10 Prozent-Marke kreist, im EU-Spitzenfeld. Gründe dafür gibt es reichlich. Einer der wichtigsten Gründe ist jener, dass  Warnungen vor einer Verschlechterung der Lage konsequent missachtet wurden. So hat die AK Tirol bereits im Herbst 2021 vor der sich abzeichnenden Teuerungswelle gewarnt und konkrete Vorschläge gemacht, wie diese Teuerung abzufedern wäre. Das konsequente Ignorieren der Warnungen und falsche Auffassungen über die Bekämpfung der Inflation führten letztlich in die schwierige Situation, mit der die Österreicherinnen und Österreicher nun zu kämpfen haben.

Prinzip Gießkanne

Der lockere Umgang mit Steuergeld in Form von Soforthilfen, Boni und Einmalzahlungen erweist sich letztlich als treibende Kraft der Inflation. Denn diese milliardenschweren Hilfspakete wanderten direkt an die Konsument:innen und vergrößerten die Nachfrage, während auf Angebotsseite nicht eingegriffen wurde. Wenn Angebot und Geldmenge aber nicht mehr übereinstimmen, kommt es zwangsläufig zu einer Konsumentenpreisinflation. Es geht also in erster Linie gar nicht darum, dass die Europäische Zentralbank den Euro-Raum mit Geld überschwemmt hat, sondern um den Umgang der einzelnen Länder mit dieser Geldschwemme – ansonsten wäre die Inflation auch in anderen Ländern weit höher. So wurde in Österreich wesentlich mehr auf direkte Zahlungen gesetzt als auf direkte Preismaßnahmen, wie dies auch die AK gefordert hatte (siehe Info Seite 7). Zudem waren die Direkt-Zahlungen unkoordiniert, nicht zielgerichtet und wurden dadurch noch einmal überdurchschnittlich teuer. Die fast schon trotzig formulierte Dauerbotschaft, man habe dadurch ja die Kaufkraft gestärkt, hört man mittlerweile nur noch kleinlaut, denn eine erhöhte Nachfrage kann nicht mit noch mehr Nachfrage bekämpft werden.

Die Regierung geriet durch ihr Beharren auf direkte Transferzahlungen letztlich in arge Bedrängnis, die Inflation sank nicht, sondern stieg von März auf April sogar wieder an, hinzukommen schlechte Wirtschaftsprognosen für die kommenden Monate, das Wachstum für Österreich wurde nach unten korrigiert.

Unpopulär wäre richtig

Geld verteilen mag populär sein, ist aber zur Bekämpfung der Inflation am Ende weit teurer. Eingriffe in den Markt und in Konzerne mag unpopulär sein, ist aber – sie­he Spanien oder Portugal – der Schlüssel zu einer erfolgreichen Inflationsbekämpfung. Nachdem man es verabsäumt hat, die Energiepreise zu regeln und eine lächerliche Übergewinnsteuer pro forma auf den Weg gebracht hat, wird nun wieder die Stimme gegen die Energiekonzerne erhoben: „Preise runter oder zahlen“ klingt allerdings genauso hilflos, wie es das Gipfelgespräch zu den Lebensmittelpreisen war. Außerdem: Wer Übergwinne abschöpft, um sie als Einmalzahlungen zu verteilen, befeuert erneut die Inflation.  Und auch ob die Treffsicherheit diesmal sozialer sein wird, ist zu bezweifeln. Nun ist jedenfalls Feuer am Dach, denn wenn man die Inflation davonziehen lässt, wird sie zum Selbstläufer: Hohe Inflation führt zu hohen Lohnforderungen, hohe Inflation führt in fast allen Bereichen auch zu automatisch steigenden Preisen aufgrund der Indexbindungen. Ohne wettbewerbsfördernde Maßnahmen und Eingriffen in den Markt wird die Inflation jedenfalls nicht verschwinden…

Das Märchen vom "freien" Markt

Obwohl neoliberales Denken den Eingriff in den freien Markt scheut wie der Teufel das Weihwasser, ist dieser freie Markt ohnehin nur eine Illusion. Dies zeigt sich eindrucksvoll am Beispiel der Energiepreisbildung, die völlig intransparent vonstatten geht. Denn die „Merit Order“, die den teuersten Produzenten zum Maß des Endkundenpreises erhebt, ist genau das Gegenteil eines freien Marktes und hat mehr von einem Kartell. Dadurch wird es billig produzierenden Firmen, die etwa Strom aus erneuerbaren Energien gewinnen, ermöglicht, ihre Preise in die Höhe zu schrauben. Ähnliches gilt für den Lebensmittelhandel: Die fünf größten Unternehmen im Einzelhandel in Österreich bringen es bereits auf insgesamt 95 % des gesamten Marktvolumens, allein die „großen Drei“ REWE, Spar und Hofer nehmen satte 84 % des Lebensmitteleinzelhandels ein – die mangelnde Konkurrenz wirkt sich damit auch auf den Preis aus: Lebensmittel und Drogerieartikel sind in Österreich teurer als in Deutschland, wie regelmäßige Erhebungen der AK ergeben. Prinzipell halten in den wichtigsten Handels-Branchen die jeweils fünf größten Händler in Österreich einen Marktanteil von über 80 %.

Kontakt

Kontakt

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

E-Mail: presse@ak-tirol.com

Telefon: +43 800 22 55 22 1300
(Kostenlose Hotline )

Fax: +43 512 5340 1290