„Wer gegen die Arbeitnehmer regiert, setzt die Zukunft des Landes aus Spiel. Wir brauchen soziales Augenmaß und keine reine Hochleistungsgesellschaft“!
Im Gespräch. „Ob Kinderbonus, 12-Stunden-Arbeitstag, Abschaffung der Aktion 20.000 oder Änderung bei der Notstandshilfe: Wir werden die neue Regierung an ihren Taten messen“, sagt AK Präsident Zangerl.
Herr Präsident, vieles im Programm der neuen Bundesregierung ist bis jetzt nur vage umschrieben. Wie beurteilen Sie die bisher bekannt gewordenen Pläne?
Zangerl: Die Regierung hat sich das Motto „Veränderung“ auf ihre Fahnen geschrieben. Das ist grundsätzlich positiv zu beurteilen, denn Veränderung bedeutet ja Fortschritt und nicht Rückschritt.
Wie fortschrittlich sind die bisher bekannt gewordenen Pläne der Regierung für die Arbeitnehmer?
Zangerl: Festzuhalten ist, dass die Arbeiterkammer Veränderungen immer positiv gegenübersteht, solange sie in einem fairen Rahmen ablaufen. Das heißt, dass die Beschäftigten auch davon profitieren müssen und es zu keinen Verschlechterungen etwa bei den Einkommen, sozialer Absicherung, Bildung oder im Gesundheitswesen kommt.
Ist die beabsichtigte Einführung eines 12-Stunden-Arbeitstages der Fortschritt, den sich die Beschäftigten wünschen?
Zangerl: Gerade diese Ankündigung lässt befürchten, welche Interessen die neue Regierung hier im Auge hat. Künftig soll der 12-Stunden-Arbeitstag in Betrieben ohne Betriebsrat 24 Wochen im Jahr und jeweils bis zu acht Wochen ununterbrochen möglich sein. Das ist nicht die Arbeitswelt, die wir uns vorstellen, zumal den Arbeitnehmern überhaupt keine Möglichkeit geboten wird, auch nur ein wenig flexibel zu arbeiten. Das ist ein Rückschritt um Jahrzehnte. Wie sollen sich Familienleben, Kinderbetreuung, ehrenamtliches Engagement oder Vereinsleben mit einer derart entfesselten Arbeitswelt noch unter einen Hut bringen lassen? Ganz zu schweigen von allen arbeitsmedizinischen Erkenntnissen, die klar nachweisen, dass Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer bei noch längeren Arbeitsphasen massiv beeinträchtigt werden.
Wie sehen Sie die Aufgabe der AK als Schutzmacht der Arbeitnehmer angesichts dieser neoliberalen Tendenzen?
Zangerl: Die Beschäftigten können sich auf uns verlassen. Wir werden der Regierung – so wie allen bisherigen Regierungen auch – ganz genau auf die Finger schauen. Unsere Zukunft muss gerecht sein. Dazu gehört soziales Augenmaß.
Lässt sich solidarisches Handeln in Zeiten wie diesen noch umsetzen?
Zangerl: Wir halten es mit den kirchlichen und sozialen Einrichtungen: Wir wollen die Armut bekämpfen, aber nicht die Armen. Ich halte deshalb wenig von einer Umverteilung von unten nach oben. Wer eine reine Hochleistungsgesellschaft propagiert, nimmt in Kauf, dass immer mehr Menschen auf der Strecke bleiben. Wir verzeichnen einen erfreulich starken Wirtschaftsaufschwung. Die Diskussion über Lohnnebenkosten greift zu kurz, es braucht deutliche Gehaltserhöhungen gerade im unteren und im mittleren Einkommensbereich. Das wäre die wichtigste Armutsvorsorge. Wohnen ist eine weitere entscheidende Frage. Die Preise auf dem Markt sind ein Irrwitz und lassen viele Menschen verzweifeln. Der Markt ist völlig aus den Fugen geraten, Landes- und Bundespolitik müssen hier endlich massiv eingreifen.
Wofür wird sich die Arbeiterkammer besonders einsetzen?
Zangerl: Sicherheit und Wohlstand für möglichst alle in unserer Gesellschaft, lautet unsere Maxime. Zu einer positiven Zukunft gehören neben sicheren Pensionen menschengerechte Arbeitsplätze mit gutem Verdienst, leistbares Wohnen und beste Bildung für unsere Kinder. Hier werden wir nicht lockerlassen und uns im Sinne der Arbeitnehmer gegenüber der Regierung dafür einsetzen.